Eigentlich ist Matthias Künzli Fachspezialist für Automation bei der Milchverarbeiterin Emmi im schweizerischen Suhr. In den vergangenen Monaten hat er sich allerdings ausgiebig mit einem anderen Thema beschäftigt, das ihm am Herzen liegt: Der energetischen Modernisierung der in die Jahre gekommenen Lager-Kühlanlage im Logistikzentrum. „Die war schon über 20 Jahre in Betrieb. Da war es abzusehen, dass es künftig häufiger zu Ausfällen und Reparaturen kommen wird. Abgesehen davon war die gesamte Anlage einfach nicht mehr zeitgemäß“, erklärt er.
Das liegt auch daran, dass am Logistikstandort Suhr bis vor einigen Jahren neben Milchprodukten auch Fleisch, Eier und Gemüse gelagert und kommissioniert wurden. „Für diese Produkte sind kältere Umgebungstemperaturen notwendig. Entsprechend war die Kühlleistung der Ventilatoren primär auf diese ausgelegt“, sagt Künzli. In den letzten Jahren wurde der Standort Suhr zum Kompetenzzentrum für Milch und Butter ausgebaut. „Genauer gesagt, flüssig und fett“, präzisiert Künzli.
Ein Retrofit für bedarfsgerechtes Kühlen
Bei Emmi spielt Nachhaltigkeit seit jeher eine zentrale Rolle und ist auch fest in der Unternehmungsstrategie verankert. Basierend auf ihrem Nachhaltigkeitsmodell und einem Netto-Null-Reduktionspfad hat sich Emmi ambitionierte und wissenschaftlich gestützte Ziele für die Verminderung von Treibhausgasemissionen gesetzt. So will sie bis 2027 ihre eigenen Emissionen (Scope 1 und 2) um 60 Prozent reduzieren.
Energieeffizienz ist dabei ein wichtiges Thema. „Wir arbeiten schon seit über zehn Jahren an Energieoptimierungen über alle Medien hinweg: Dampf, Wasser, Gas, Strom, überall gibt es zwischenzeitlich Entwicklungen, die beim Sparen helfen“, so Künzli. „Beim Strom ist die Vorher-/Nachher-Messung für die Ermittlung der Einsparungen am einfachsten. Deshalb lassen sich Modernisierungsprojekte in diesem Bereich bei der Geschäftsleitung auch gut vermitteln.“
Wir arbeiten schon seit über 10 Jahren an Energieoptimierungen über alle Medien hinweg. Beim Strom ist die Vorher-/Nachher-Messung am einfachsten, Modernisierungsprojekte lassen sich gut vermitteln.
Matthias Künzli, Fachspezialist für Automation bei Emmi
Matthias Künzli machte sich an die Arbeit und schaute sich die Bestandsventilatoren genauer an. „Ich bin erschrocken über die Menge der verbauten Ventilatoren und deren Leistung, die da zusammengekommen ist. Diese Leistung brauchen wir bei der Nutzung des Logistikzentrums gar nicht mehr, konnten sie aber nicht reduzieren, weil eine Drehzahlanpassung bei den alten Ventilatoren nicht so einfach möglich ist“, erzählt er und ergänzt. „Darüber hinaus hatten die AC-Ventilatoren ohnehin ganz schlechte Wirkungsgrade.“ Zeit für ein umfassendes Retrofit.
Geht nicht, gibt’s nicht
Matthias Künzli machte sich die Sache nicht einfach. Akribisch verfeinerte er seine Auflistung von verbauten Ventilatortypen, erhob Verbrauchsmessungen, verglich Leistungsklassen sowie Volumenfördermengen und schaute sich nach Partnern für das energetischen Retrofit der Verdampfer um. „Ich wollte modernste Ventilatoren zum Einbau in die bestehenden Geräte“, sagt er und erklärt. „Die Deckenverdampfer sind sehr robust gebaut und haben wenig Verschleißteile. Die einfach wegzuwerfen ist nicht gerade nachhaltig.“ Genau dazu raten ihm allerdings die meisten von ihm angefragten Kühlgerätehersteller.
Als Künzli 2020 ein Seminar von ebm-papst besucht, ist er nicht nur begeistert von der Leistung moderner EC-Ventilatoren, sondern auch vom Engagement der Mitarbeitenden der ebm-papst Niederlassung in der Schweiz. „Die haben mich von Anfang an bei meinem Vorhaben unterstützt. Ein ‚geht nicht‘ gab es da nicht“, so Künzli und beschließt, den Retrofit seiner Kühlung mit Ventilatoren von ebm-papst umzusetzen.
Gute Planung zahlt sich aus
Da das Retrofit im laufenden Betrieb erfolgen soll, überlässt Matthias Künzli bei der Vorabplanung nichts dem Zufall. Von jedem der drei Verdampfertypen baut er zusammen mit seinem Stellvertreter Arber Gashi je ein Exemplar auseinander und bestückt diesen mit einem Ventilator von ebm-papst. „Es war wichtig, dass die Verdampfer schnell wieder einsatzbereit sind. Dabei ging es auch darum festzustellen, welche Halterungen notwendig sind, um die neuen Ventilatoren an den bestehenden Verdampfern zu befestigen. Die habe ich dann schon im Vorfeld herstellen lassen“, erzählt Künzli.
Anfang 2023 geht es dann los: 9 Kühler werden mit je 3 Axialventilatoren vom Typ AxiEco mit Schutzgittern für Kurzdüsen ausgerüstet. 27 weitere mit jeweils drei HyBlade Axialventilatoren. Beide Varianten punkten nicht nur mit ihrem niedrigen Energiebedarf, sondern auch mit ihrer geringe Einbautiefe, einem niedrigen Geräuschpegel sowie einen ausgezeichneten Wirkungsgrad. Messungen kurz nach dem Einbau ergeben, dass die Stromaufnahme pro Verdampfer von vorher acht Ampere auf jetzt ein Ampere gesunken ist.
„Wir betreiben die Ventilatoren derzeit über Sollwertpotentiometer mit 50 Prozent Leistung“, erzählt Künzli. „Wenn dann im Sommer der maximale Leistungsbedarf feststeht, lassen sich die einzelnen Verdampfer im Endausbau dann via Sollwerte von der SPS individuell regeln.“
Über 80 Prozent Energie gespart
Neben dem reibungslosen Umbau freut sich Matthias Künzli vor allem über das messbare Ergebnis des Retrofits: „ebm-papst hat uns eine rund 50-prozentige Energieersparnis in Aussicht gestellt. Tatsächlich sind wir bei den meisten Ventilatoren bei über 80 Prozent. 50 Prozent ergeben sich durch die Effizienz der Ventilatoren und bis zu weiteren 30 dadurch, dass wir die Ventilatorenleistung generell drosseln konnten.“
Aber nicht nur die Zahlen begeistern Künzli. „Die neuen Ventilatoren sind kaum zu hören. Ich musste mir auf der Visualisierung erst mal ansehen, ob sie tatsächlich laufen“, erzählt er schmunzelnd und erklärt. „Wir haben im Logistikzentrum ein Lautsprechersystem, über das während der Arbeitszeit im Hintergrund Musik läuft und Mitteilungen durchgegeben werden. Diese ist jetzt endlich auch richtig gut zu hören. Das freut unsere Mitarbeitenden.“ Die stehen nach dem Retrofit auch nicht mehr so stark im Zug wie bisher, wie Künzli ergänzt: „Wir haben bisher die gekühlte Luft über Textilschläuche in der Halle verteilt, es war aufwändig und hat einen Luftzug erzeugt. Nun spüren die Mitarbeitenden diesen aber fast nicht mehr. Wir überlegen uns die Textilschläuche in einigen Bereichen eventuell ganz zu entfernen.“
ebm-papst hat uns eine rund 50-prozentige Energieersparnis in Aussicht gestellt. Tatsächlich sind wir bei den meisten Ventilatoren bei über 80 Prozent.
Matthias Künzli, Fachspezialist für Automation bei Emmi
Bis März 2023 wurden im viergeschossigen Logistikcenter zwei Geschosse mit neuen Ventilatoren ausgestattet. Die 21 Verdampfer im Untergeschoss mit weiteren 78 Ventilatoren steht noch aus. „Den Austausch können wir erst im Winter 2024 vornehmen, weil wir dazu wieder auf kühle Umgebungstemperaturen angewiesen sind“, erzählt Matthias Künzli und freut sich schon jetzt. „Wenn im Frühjahr 2024 das komplette Projekt abgeschlossen ist, haben wir insgesamt 206 neue Ventilatoren im Betrieb und sparen nach jetzigen Berechnungen damit rund 550.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr.“ Das sind rund 200 Tonnen CO2.
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