Die Elektronikkühlung basiert heute zum großen Teil auf Axiallüftern, vor allem weil diese bauformbedingt hohe Volumenströme liefern und sich konstruktiv leicht integrieren lassen. „Normale“ Axiallüfter stoßen jedoch an Grenzen, wenn immer leistungsfähigere Elektronik auf gleichem Raum untergebracht oder gar noch kompakter aufgebaut werden soll, weil die strömungstechnischen Widerstände mit zunehmender Gerätekompaktheit steigen. Um die Kühlleistung zu erhöhen, könnte man dann einfach zwei gleich- oder gegenläufig drehende Axiallüfter in Reihe schalten. Dadurch ergibt sich dann zwar prinzipiell die geforderte Luftleistung. Die Lösung benötigt aber größeren Bauraum und bringt schwingungsmechanische Nachteile mit sich. Außerdem können sich die Lüfter strömungstechnisch ungünstig beeinflussen, was beispielsweise in einem erhöhten Geräusch resultiert.
Optimiertes Ventilatoren-Paar kühlt Hochleistungselektronik
Für einen Powerlüfter, der mehr Leistung bringt und trotzdem möglichst kompakt gebaut ist, wählte ebm-papst deshalb einen neuen Ansatz: Mit dem AxiTwin 100 entwickelten die Motoren- und Ventilatorenspezialisten in enger Abstimmung mit einem Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche einen kompakten Lüfter, der als Gegenläufer aufgebaut ist. Bei einem Kantenmaß von 10 cm und einer Tiefe von 9 cm passen vier solcher Lüfter in ein 19“-Rack, wie es typischerweise für die Kühlung in Blade-Servern eingesetzt wird.

Bis zu 536 m³/h Luftleistung bei bis zu 1.300 Pa Druck. (Grafik | ebm-papst)
Das garantiert eine zuverlässige Wärmeabfuhr selbst bei dicht gepackter Elektronik, denn jeder Lüfter liefert bis zu 536 m3 Luft pro Stunde und einen maximalen statischen Druckaufbau bis 1.300 Pa. Der neue Lüfter für die Elektronikkühlung kombiniert dafür nicht einfach zwei Einzelventilatoren miteinander, sondern verwendet eine in simultaner numerischer Optimierung, unter Berücksichtigung des strömungstechnischen Arbeitspunktes, neu entwickelte Strömungsgeometrie der beiden aufeinanderfolgenden Schaufelreihen.

Lüfterrad der zweiten Stufe: Verwirbelungen und Drall werden reduziert. Die extreme Sichelform der Flügel trägt außerdem zur Geräuschoptimierung bei; durch die vergleichsweise geringe Oberfläche der Flügel steigt die Effizienz. (Grafik | ebm-papst)
Der Ventilator besteht dann aus zwei Rotoren, die über einen innovativen Flansch verbunden sind. Der erste Rotor mit seinen fünf Flügeln ist maßgeblich für den Volumenstrom verantwortlich, der zweite, dreiflügelige Rotor hauptsächlich für den Druckaufbau. Etwa zwei Drittel des Drucks werden in der zweiten Stufe erzeugt. Zudem reduziert die zweite Stufe durch ihre ausgefeilte Aerodynamik mit einer extremen Sichelform der Flügel die Verwirbelungen und trägt zur Geräuschoptimierung bei; durch die vergleichsweise geringe Oberfläche der Flügel steigt die Effizienz.
Geräuschminimierung dank Flansch
Ein wesentlicher Vorteil des gegenläufigen Ventilatorprinzips ist die Reduktion des Geschwindigkeitsanteils des Luftstroms in Umfangsrichtung. Der Flansch zwischen beiden Stufen ist bei dieser Konstruktion nicht einfach nur eine Tragstruktur oder ein Abstandhalter, sondern eine patentierte Engineering-Leistung. Er koppelt beide Stufen schwingungsmäßig so, dass jede Stufe die jeweils andere hinsichtlich Vibrationen beruhigt. Durch das doppelseitige Lagerrohr, das beide Stufen miteinander verbindet, und die integrierte Leitschaufel baut er zudem ausgesprochen kompakt.

Der Flansch ist mehr als ein Abstandshalter. Er verringert durch seine optimierte Geometrie Wirbelbildung und Geräuschentstehung an der zweiten Stufe. (Grafik | ebm-papst)
Auch die Geometrie der Leitschaufeln des Flanschs wurde unter Verwendung des simulierten Strömungsfelds zwischen den beiden Rotoren im vorgesehenen Gerätearbeitspunkt ermittelt, was die Wirbelerzeugung an den Leitschaufeln und die Interaktion dieser Wirbel mit der zweiten Schaufelreihe minimiert und so ebenfalls zur Geräuschoptimierung beiträgt. Der Flansch ist aus Aluminium gefertigt, was eine hohe Steifigkeit garantiert und gleichzeitig für eine gute Wärmeableitung sorgt.
Leistungsstarke EC-Antriebe mit neuer Elektronik
Treibende Kraft der Lüfterräder sind energieeffiziente GreenTech EC-Antriebe mit einer Motorleistung von bis zu 180 W. Die dreisträngigen Motoren sind ebenfalls sehr kompakt konstruiert, arbeiten sowohl im meist üblichen Teillastbetrieb als auch bei Volllast mit hohem Wirkungsgrad und sind durch die elektronische Kommutierung für den Dauerbetrieb ausgelegt. Auch die neu entwickelte 300-W-Elektronik hat einiges zu bieten. Sie ist nicht im Motor integriert, sondern wurde für eine umso bessere Entwärmung und damit verbunden eine noch höhere Lebensdauer in den Gehäuseecken untergebracht. So kann zusätzlich die Oberfläche des Flanschs zu ihrer Kühlung beitragen.
Die einzelnen Stufen benötigen am Motor nur eine kleine Anschlussplatine für die Wicklung. Standardisierte Signal-Eingänge wie PWM-Eingang oder Analogsteuereingang, sowie Tacho-/Alarm-Ausgangssignale können je nach Anforderung individuell integriert werden. In der Standard-Ausführung verfügt der Lüfter über einen PWM-Eingang und einen Open-Collector-Tacho-Ausgang. Für anspruchsvolle Umgebungen ist optional auch ein Feuchtigkeitsschutz verfügbar.

Der Flansch koppelt beide Stufen schwingungsmäßig so, dass jede Stufe die jeweils andere beruhigt. (Grafik | ebm-papst)
Durch den zweistufigen Aufbau des Gegenläufers ist zudem bei Anwendungen mit kritischer 24/7-Verfügbarkeitsanforderung, wie z. B. Rechner von Großbanken, für die notwendige Redundanz gesorgt. Beim Ausfall eines einzelnen Rotors gibt es keine Rückströmungen, da sich der andere Rotor weiterhin dreht. Jede Stufe lässt sich getrennt, aber immer aufeinander abgestimmt ansteuern. Das Drehzahlverhältnis ist definiert, kann aber im Einzelfall individuell verändert werden, um etwa Effizienz oder Geräuschverhalten in gewissen Bereichen der Leistungshöhe zu optimieren.
Mit dem AxiTwin 100 steht Anwendungen, bei denen es gilt viel Rechenleistung bei wenig Platz zu kühlen, ein äußerst leistungsfähiger Kompaktlüfter mit geringen Einbaumaßen zur Verfügung. Sein Einsatzgebiet reicht quer durch alle Zukunftstechnologien, angefangen von der Rack-Kühlung von Blade-Servern über die unterschiedlichsten Informationstechnologien bis hin zu den Super-Computern im Bereich der Blockchain-Technologie. Auch anwendungsspezifische Anpassungen sind möglich, denn das Design lässt sich auf andere Baugrößen übertragen.
Schreiben Sie einen Kommentar