Vor über einem halben Jahrhundert begann im baden-württembergischen Mulfingen die Erfolgsgeschichte des Ventilatoren- und Motorenherstellers ebm-papst. Seitdem hat die Ventilatorentechnik einen ähnlich umwälzenden Wandel erlebt wie die Automobilindustrie. Während damals der VW Käfer 1200 mit seinen 38 PS stattliche neun Liter Benzin auf 100 Kilometer schluckte, verbraucht ein moderner Golf mit 90 PS lediglich um die 4 Liter.
Eine vergleichbare Effizienzsteigerung um den Faktor sechs haben über die vergangenen 50 Jahre auch Ventilatoren hingelegt. Zudem entfernte sich die Branche immer mehr davon, den Ventilator als isoliertes Produkt zu verkaufen. Heute bieten Hersteller komplette Funktions- und Montagemodule an, die sich per Plug & Play ohne großen Aufwand in verschiedenste Kundenanwendungen integrieren lassen. Drei Phasen beschreiben die wichtigsten Veränderungen des letzten halben Jahrhunderts in der Ventilatorentechnik.
Kleine Außenläufer als Initialzündung

Der „Behrlüfter“ – der erste Außenläufermotor, den ebm-papst 1963 produziert und vermarktet, damals noch als Firma ebm. (Foto | ebm-papst)
ebm-papst übernahm mit seiner Entstehung im Oktober 1963 eine führende Rolle in der Entwicklung der Ventilatorentechnik. Damals gründet Gerhard Sturm das Unternehmen ebm, um kleine Motoren der Baugröße 60 herzustellen. Ein Novum, da es derartige Motoren damals nur in deutlich größeren Ausführungen gab.
Dank ihrer Bauweise lassen sich Außenläufer voll in der Laufradnabe versenken – eine kompakte Funktionseinheit entsteht. Auf die kleinen Motoren hatte der Markt gewartet: Sie fanden sich bald nach der Einführung in verschiedensten Anwendungen, in denen der Bauraum knapp ist. Die Einsatzgebiete reichten von Dunstabzugshauben und anderen Haushaltsgeräten bis zur Friseurtrockenhaube von Schwarzkopf.
Doch der Start verläuft nicht reibungslos: Bereits drei Jahre nach Gründung bedrohen die Kinderkrankheiten dieses Motors das Unternehmen massiv. Die Kunden reklamieren Ventilatoren, die bereits nach kurzer Zeit klappern. ebm-papst setzt alles auf eine Karte und bietet auf dem Höhepunkt der Krise einen neu entwickelten Motor als Lösung aller Probleme an – inklusive vierjähriger Garantie! Wie mutig dieser Schritt ist, verdeutlicht der Umstand, dass das Team das neue Produkt noch gar nicht ausgiebig getestet hat.

Mitarbeiter bei der Produktion von Radialventilatoren 1968 in Mulfingen. (Foto | ebm-papst)
Doch der Coup gelingt – und das neue Produkt wird zum absoluten Verkaufsschlager: der 68er Außenläufer-Asynchronmotor. In den folgenden Jahren leitet ebm-papst verschiedene andere Produkte von diesem Grundmotor ab und entwickelt ihn konsequent weiter. Parallel dazu modernisiert und automatisiert das Unternehmen seine Produktion Schritt für Schritt, um so der stetig steigenden Nachfrage aus dem In- und Ausland nachzukommen. Der Mut zur ständigen Weiterentwicklung treibt Firmengründer Gerhard Sturm an. Und dieses Credo schreibt er auch seiner Firma auf die Fahne: Jedes Produkt muss seinen Vorgänger ökologisch und ökonomisch übertreffen.
Auch die Anwendungsgebiete erweitern sich bis zum Anfang der Siebziger Jahre stetig: Motoren und Lüfter von ebm-papst drehen sich nun in Computern, Klimageräten, Ölbrennern und Bandmaschinen von Tonstudios und treiben Rührwerke in der Getränkeindustrie an.
Mit dem EC-Motor der Zeit voraus
Da die Asynchronmotorentechnologie jedoch gerade bei kleinen Motoren energetische Defizite hat, arbeitet ebm-papst ab Mitte der siebziger Jahre verstärkt an der Entwicklung elektronisch kommutierter permanentmagneterregter Synchronmotoren, den sogenannten EC-Motoren. In diesen Produkten wird ein rotierendes Magnetfeld erzeugt, dem der mit Permanentmagneten bestückte Außenläufer folgt. Das gesamte System ist deutlich effizienter und präziser steuerbar.
Seinem Credo folgend hält ebm-papst an der Neuentwicklung fest, obwohl lange Zeit die Preise der benötigen Halbleiter hoch und die Kosten für Strom vergleichsweise niedrig sind – und sich daher das Interesse an dieser energiesparenden Lösung zunächst in Grenzen hält. Doch die Überzeugung, dass sich ökonomischer und ökologischer Fortschritt gegenseitig bedingen, erweist sich als die Richtige: Ende der 1990er kommt in der Zusammenarbeit mit einem deutschen Anlagenbauer der Durchbruch der EC-Motoren. In seinen Reinraumfabriken kommen sie in großer Anzahl zum Einsatz.

Die Produktion am Standort Niederstetten beginnt 1981 mit eigener Wickelei. (Foto | ebm-papst)
Zum Jahrtausendwechsel schaffen die EC-Motoren ihren endgültigen Durchbruch in die Breite. Zu diesem Zeitpunkt setzt sich in Gesellschaft und Politik die Erkenntnis durch, dass sich das Klima u. a. durch einen deutlich reduzierten Energieverbrauch schützen lässt. In der Folge entwickelt ebm-papst auch für andere und größere Produkte EC-Varianten – die stärkste leistet heute 12 Kilowatt. Nach und nach gelingt es, die Wirkungsgrade der EC-Motoren auf teilweise über 90 % zu steigern, die Leistungsdichte deutlich zu erhöhen und dadurch ressourcenschonender zu sein.
Beispielhaft dafür sind Anfang des neuen Jahrtausends zwei wegweisende Projekte in der Klimatechnik: Eine Firma setzte in ihrer neuen Klimagerätegeneration flächendeckend auf den neuen Energiesparmotor und in einem deutschlandweit aktiven Discounter kommen die sogenannten „EC-Riesen“ – EC-Axialventilatoren mit integrierter Elektronik und Durchmessern von 800 bis 990 Millimetern – zum Einsatz. So sparen Kunden in Klimaanlagen, Rechenzentren oder Hausgeräten nicht nur eine Menge Energie, sondern auch bares Geld.
Effizienter und leiser

Ein Schnittmodell durch einen Außenläufermotor in EC-Technologie: Der Rotor dreht sich nicht im, sondern um den Stator und kommt ohne Seltene-Erden-Magnete aus. (Foto | ebm-papst)
Die wichtigsten Entwicklungen in den vergangenen 15 Jahren finden auf dem Gebiet der Aerodynamik und der Aeroakustik statt. So hatten Laufräder mittlerer Größe noch vor zehn Jahren Wirkungsgrade zwischen 25 % und 45 %. Inzwischen liegen diese im Bereich von 60 %. Gleichzeitig arbeitet ebm-papst kontinuierlich daran, den Geräuschpegel von Ventilatoren deutlich zu senken, da diese oft in geräuschsensiblen Umgebungen wie Hotelzimmern oder in der Wohnraumbelüftung zum Einsatz kommen.
Für den letztgenannten Bereich hat das Unternehmen mit dem 2017 entwickelten Radialventilator RadiCal im Spiralgehäuse eine flüsterleise Lösung vorgestellt. Dessen strömungstechnisch optimiertes Gehäuse reduziert den Geräuschpegel im Vergleich zu einem Trommelläufer um 3,5 dB(A). Bei Bedarf lässt sich der RadiCal mit dem auf der Saugseite montierten Vorleitgitter „FlowGrid“ kombinieren. Dieses reduziert die durch Einbauten im Gerät verursachten Turbulenzen und minimiert so zusätzlich vor allem störende niederfrequente Töne.
Immer besser werden
Produkte, Unternehmensprozesse und Produktion unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit ständig zu optimieren, findet 2010 in der „GreenTech“ Philosophie ihr nach außen sichtbares Zeichen. Vorausschauende Entwicklung, umweltfreundliche Produktion und höchste Energieeffizienz verbinden sich darin mit größtmöglichem Kundennutzen. Bei der Energieeffizienz ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Auch bei Wirkungsgraden der Motoren von 90 % lassen sich, zum Beispiel bei der Aerodynamik, weitere Verbesserungen erreichen.

ebm-papst stellt Industrie-4.0-fähige Produkte her und vernetzt die Produktionsprozesse. (Foto | ebm-papst)
Gleichzeitig arbeitet ebm-papst weiterhin daran, die Fertigung seiner Produkte immer energie- und ressourceneffizienter zu machen. Aus physikalischer und technischer Sicht ist auch hier genügend Raum für Innovationen gegeben. Ein Trend, den sich auch die Ventilatoren zu Nutze machen, ist die zunehmende Vernetzung unter dem Schlagwort Industrie 4.0. So sind Ventilatoren bereits heute über Bus-Schnittstellen komplett in Anlagenkonzepte integrierbar. Dadurch wird nicht nur die gewünschte Drehzahl an den Ventilator übermittelt, sondern der Ventilator kommuniziert selbstständig. Er meldet nicht nur Störungen zurück, sondern auch weitere Detailparameter, mit der beispielsweise ein Gebäudeleitrechner eine gesamte Klimaanlage effizienter steuern kann.

Der Axialventilator AxiEco Protect wird in Verdampfern, Wärmepumpen oder anderen luft- und klimatechnischen Geräten eingesetzt. Dank des sehr hohen Wirkungsgrads erreichen selbst die AC-Ausführungen die Anforderungen der zukünftigen ErP-Richtlinie. (Foto | ebm-papst)
Für die vernetzte Welt der Dinge konnte ebm-papst so bereits früh Lösungen anbieten, die auf die ohnehin im EC-Ventilator vorhandene Elektronik zugreifen. Das Unternehmen treibt die Weiterentwicklung digitaler Lösungen auch weiterhin intensiv voran: Vernetzbare Luft- und Antriebslösungen, die neben Bedarfsorientierung beispielsweise einfache Fernüberwachung und vorausschauende Wartung ermöglichen. Dahinter stecken „intelligente“ Lösungen, die Daten erfassen und übertragen können, sowie Software die diese Daten auswertet.
Damit allein ist es jedoch nicht getan: auch neue Geschäftsmodelle sind gefragt. Um hier der Zukunft der Ventilatorentechnik auch weiterhin entscheidende Impulse zu geben, gründete das Unternehmen 2017 in Dortmund das Start-up ebm-papst neo, das an digitalen Lösungen der nächsten Generation arbeitet. Inzwischen hat ebm-papst seinen Nachhaltigkeitsgedanken mit der Digitalisierung vereint: „GreenIntelligence“. Dieses Zeichen ist der aktuellste Ausdruck der kontinuierlichen Arbeit an Innovationen. Und die ist für ebm-papst nach wie vor die beste Strategie, um auch in Zukunft erfolgreich die Entwicklungen der Ventilatorentechnik mitprägen zu können.
Die wichtigsten Meilensteine im Überblick:
1963
Gründung der Elektrobau Mulfingen (ebm). Zu Beginn fertigt das Unternehmen vor allem kleine Außenläufer-Asynchronmotoren. Die kompakten Motoren finden sich bald nach der Einführung in verschiedenen Anwendungen, in denen der Bauraum knapp bemessen ist.
1975
Entwicklung des ersten Kompaktlüfter in EC/DC-Technik, damals noch kollektorlose Gleichstrommotoren genannt.
1992
Übernahme der PAPST Motoren GmbH in St. Georgen, Schwarzwald.
1997
Kauf des Werkes Landshut von ALCATEL – Umbenennung in Motoren Ventilatoren Landshut GmbH (mvl)
2003
Umfirmierung der drei Unternehmen in ebm-papst Mulfingen, ebm-papst St. Georgen und ebm-papst Landshut.
2010
Mit GreenTech setzt ebm-papst eine Unternehmensphilosophie rund um Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit um. GreenTech umfasst vorausschauende Entwicklung, umweltfreundliche Produktion, höchste Energieeffizienz und größtmöglichen Kundennutzen.
2013
ebm-papst feiert 50-jähriges Firmenjubiläum.
2016
Der Axialventilator „AxiBlade“ wird präsentiert, er wird in Verdampfern, Verflüssigern oder Wärmetauschern der Luft-, Klima- und Kältetechnik eingesetzt. ebm-papst erwirtschaftet einen Umsatz von knapp 1,7 Mrd. Euro und beschäftigt weltweit über 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
2017
Für den Einsatz in Wohnungslüftungsgeräten stellt ebm-papst einen einbaufertigen Radialventilator vor: Der RadiCal im Spiralgehäuse.
2018
ebm-papst überschreitet erstmals die Umsatzschwelle von zwei Milliarden Euro. Somit wird in diesem Geschäftsjahr ein Wachstum von 143 Millionen Euro erreicht und GreenIntelligence wird ins Leben gerufen.
2020
Der Axialventilator AxiEco Protect für den Einsatz in Verdampfern, Wärmepumpen oder anderen luft- und klimatechnischen Geräten wird vorgestellt. Dank des sehr hohen Wirkungsgrads erreichen selbst die AC-Ausführungen die Anforderungen der zukünftigen ErP-Richtlinie.
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