Die niederländische Großstadt Apeldoorn in nicht allzu ferner Zukunft: Ein Heizungsinstallateur macht sich auf den Weg zu einem Mehrfamilienhaus in der Innenstadt. Er soll dort den Warmwasserboiler warten. Hinter dem Auftrag steckt aber nicht der Eigentümer, sondern der Boiler im Keller. Über das Internet hat er selbstständig einen Fehler gemeldet. Die Diagnose konnte der Installateur deshalb bereits am Computer stellen und gleich das passende Ersatzteil einpacken.
Geht es nach Ton van Maaren, gehört dieses Szenario schon bald zum Alltag. „Die technischen Voraussetzungen haben wir geschaffen und die ersten Pilotprojekte laufen bereits“, erklärt der Senior-Produktmanager des niederländischen Heizungsbauers Remeha aus Apeldoorn. Wer ihm zuhört, merkt schnell, dass er ganz genau weiß, wie der Boilermarkt tickt. Immerhin ist er schon seit 33 Jahren bei Remeha. Als van Maaren anfing, war der Gerätebauer noch ein kleines mittelständisches Unternehmen. Inzwischen hat sich Remeha zu der weltweit operierenden BDR Thermea Group weiterentwickelt.
Gesättigte Märkte
Remeha: vom Mittelständler zum Global Player
Als der Unternehmer Gerard van Reekum 1935 die Firma „Van reekum’s Metaal handel“ im niederländischen Apeldoorn gründete, heizten die meisten haushalte noch mit Kohleöfen. Damals belieferte das junge Unternehmen die Heizungsindustrie mit Stahlrohren und Armaturen. Als Zentralheizungen in Mode kamen, entwickelte Remeha in den 40er-Jahren seinen ersten Warmwasserboiler. In den folgenden Jahrzehnten baute das Unternehmen seine Kompetenz in diesem Bereich immer weiter aus. Seit 2009 gehört Remeha zusammen mit Marken wie De Dietrich, Baxi und Brötje zum Konzern BDR Thermea Group B.V. mit Sitz in Apeldoorn und insgesamt 6.400 Mitarbeitern.
Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn im Jahr 1983 waren Brennwertkessel noch relativ neu. „Inzwischen sind in den Niederlanden 99,9 Prozent der verkauften Boiler mit Brennwerttechnologie ausgerüstet. In anderen europäischen Staaten zeigt die Entwicklung in eine ähnliche Richtung. Der Markt ist also nahezu gesättigt und wächst nur noch geringfügig“, erklärt van Maaren. Will Remeha Marktanteile gewinnen, muss das Unternehmen mehr bieten als eine effiziente und saubere Verbrennung. „Ein Großteil der Entwicklungsleistung geht nicht mehr auf das Konto der Verbrennungstechnik, sondern betrifft Aspekte wie einfache Installation und Wartung, Benutzerfreundlichkeit und, ganz wichtig: Digitalisierung. Intelligente Geräte, die kommunizieren können, gewinnen immer mehr an Bedeutung.“
Geräte, die selbst entscheiden, ob sie gewartet werden müssen, und bei denen Ferndiagnosen vom Computer aus möglich sind, könnten schon bald zum Standardrepertoire von Boilern gehören. Doch dazu sind die Hersteller gefordert, wie van Maaren betont. „Eigentlich ist der Boilermarkt, was Innovationen betrifft, recht träge. Wir Hersteller müssen dem Markt zeigen, was technisch möglich und sinnvoll ist. Wir dürfen nicht warten, bis der Markt danach fragt!“ Die neuen Boiler sind bei Remeha daher internetfähig und auf die digitale Zukunft vorbereitet.
Starke Leistung an der Wand
Im firmeneigenen Showroom zeigt der Produktmanager Remehas jüngste Entwicklung: den Quinta ACE. Bis zu 161,5 Kilowatt Leistung bringt der 100 mal 60 mal 60 Zentimeter messende Boiler, der platzsparend an der Wand hängt. Seit Anfang 2016 ist das Gerät auf dem niederländischen Markt und versorgt Mehrfamilienhäuser, Schulen, Krankenhäuser oder Büros und Industriegebäude mit Wärme. „Bisher gab es in dieser Leistungsklasse nur bodenstehende Geräte, da sie zu schwer und zu groß für die Wand sind. Die benötigen viel mehr Platz und erfordern einen erheblich höheren Installationsaufwand“, sagt van Maaren.
„Wir liefern komplette Baukastensysteme, der Installateur muss die Geräte nur aufhängen und die vorgefertigten Teile zusammenschrauben.“
Ton van Maaren, Senior-Produktmanager Remeha
Da die Boiler nun auf Brusthöhe hängen, muss der Installateur bei der Montage und Wartung nicht mehr am Boden kriechen. Zudem ist der Installationsaufwand dank weniger Schnittstellen gering. Wer noch höhere Leistung will, kann bis zu acht Boiler in Kaskade schalten und damit insgesamt 1.292 Kilowatt erzielen. „Wir liefern dazu komplette Baukastensysteme, der Installateur muss die Geräte dann nur noch aufhängen und die vorgefertigten Teile zusammenschrauben.“ Was so einfach klingt, hat eine arbeitsreiche Vorgeschichte: Insgesamt mehr als vier Jahre Entwicklungsarbeit stecken in dem leistungsstarken Boiler. „Die Herausforderung war, alle Komponenten auf wenig Raum unterzubringen“, verdeutlicht van Maaren und ergänzt: „Dafür benötigten wir zuverlässige Entwicklungspartner.“
Kompakte Komplettlösung
Der Gas-Luft-Verbund von ebm-papst
Das richtige Verhältnis von Gas und Luft ist für die optimale Energieausbeute entscheidend. Gebläse, Venturi, Ventil und Feuerungsautomat müssen deshalb perfekt aufeinander abgestimmt sein. Das Venturi sorgt dabei für das richtige Gas-Luft-Verhältnis. Das Gebläse saugt dieses Gemisch an, das im Brenner verbrannt wird. Das Ventil reguliert die Gasmenge je nach dem Unterdruck, der vom Gebläse im Venturi erzeugt wird. Der Feuerungsautomat schließlich übernimmt die Steuerung des ganzen Systems. Er sitzt direkt am Gebläse: So wird er gekühlt und gleichzeitig entfällt eine aufwendige Verkabelung. Das spart Platz und Montagezeit.
Möglich machte die kompakte Bauweise der modulare Aufbau des Geräts. „Ähnlich wie in der Automobilindustrie haben wir schon seit Längerem den Weg eingeschlagen, Systemlösungen zu verbauen. Das steigert die Qualität“, ist van Maaren überzeugt und zeigt als Beweis auf eine Brennwerttherme im Showroom: der für Privathaushalte gedachte Tzerra. „In diesem Gerät haben wir zum ersten Mal ein fertig vormontiertes Gas-Luft-Modul mit Feuerungsautomat von ebm-papst eingesetzt, das eigens dafür entwickelt wurde.
Das perfekte Zusammenspiel dieser Komponenten ist entscheidend für eine optimale Verbrennung.“ Ging es beim Tzerra um eine Leistung von 28 – 40 Kilowatt, stellte der Quinta ACE mit seinen 161,5 Kilowatt den Schritt in eine neue Dimension dar. ebm-papst entwickelte eine neue Komplettlösung, bei der neben Venturi, Ventil, Gebläse und Feuerungsautomat sogar der Brenner integriert ist. „Ein derart umfangreiches System aus einer Hand ist bisher einzigartig auf dem Markt“, betont van Maaren und geht voraus in die Produktionshalle.
Schnelle Montage
Dort wird schnell deutlich, welchen weiteren Vorteil der modulare Aufbau bietet: Die Mitarbeiter setzen den Gas-Luft-Verbund nur noch in den Boiler ein, ziehen ein paar Schrauben fest und verbinden die Kabel. Danach sind es nur noch wenige Produktionsschritte bis zur Auslieferung. Seit Markteinführung Anfang 2016 wurden in den Niederlanden bereits Hunderte der Quinta ACE installiert. „Für einen neu eingeführten Kessel in dieser Leistungsklasse sind das schon erhebliche Stückzahlen.
Demnächst kommen die Geräte aber auch in anderen europäischen Ländern auf den Markt“, sagt van Maaren auf dem Weg zurück in sein Büro. Dort angekommen widmet er sich dem nächsten Projekt. „Wir sind gerade dabei, das Gas-Luft-Verbund-System für höhere Leistungsklassen anzupassen. Für die Wand sind die allerdings noch zu schwer. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt?“
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