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Keim­freier Abwasch in der Medi­zin­technik

Die High­tech-Spül­ma­schinen von Bonfer­raro säubern Medizin- und Labor­in­stru­mente zuver­lässig von Keimen. Eine entschei­dende Phase des Spül­pro­gramms ist das Trocknen am Schluss. Hier setzt der italie­ni­sche Hersteller auf ein Gebläse, das norma­ler­weise in Brenn­wert­thermen steckt.


In Kran­ken­häu­sern und Laboren sind die Anfor­de­rungen an die Hygiene enorm. Es reicht nicht, wenn Opera­ti­ons­be­steck wie Scheren, Pinzetten und Klam­mern oder Reagenz­gläser und Pipetten einfach nur sauber sind. Denn die größte Gefahr ist für das bloße Auge unsichtbar: Bakte­rien, Viren oder chemi­sche Rück­stände können in Laboren die Mess­ergeb­nisse verfäl­schen oder im schlimmsten Fall Menschen­leben kosten. Ezio Gobbi trägt mit seiner Arbeit dazu bei, dass genau das nicht passiert. Seit über 30 Jahren entwi­ckelt der Inge­nieur bei Smeg und seit 2009 in der Produk­ti­ons­ein­heit von Bonfer­raro soge­nannte Ther­mo­des­in­fek­toren. Diese spezi­ellen Spül­ma­schinen sorgen zum Beispiel in Kran­ken­häu­sern, Praxen sowie in Laboren von Forschungs­ein­rich­tungen für perfekt gerei­nigte Uten­si­lien.

Bonfer­raro mit Sitz in der gleich­na­migen Gemeinde in der ­italie­ni­schen Provinz Verona ist Tochter des Haus­ge­rä­te­her­stel­lers Smeg. Seit 1987 fertigt das Unter­nehmen Ther­mo­des­in­fek­toren. „Welt­weit gibt es nur rund zehn Hersteller, die solche Geräte bauen“, so Gobbi. Zuletzt hatte er die Aufgabe, drei Gerä­te­typen mit Wasch­kam­mer­vo­lumen von 250 bis 450 Litern zu entwi­ckeln. Hoch­leis­tungs­ge­räte also, die absolut zuver­lässig arbeiten müssen. Nicht nur, was das Reini­gungs­er­gebnis angeht: „Fällt eine Spül­ma­schine zu Hause für ein paar Tage aus, ist das zwar ärger­lich, aber nicht weiter tragisch. In Kran­ken­häu­sern oder Laboren wird der Betrieb jedoch empfind­lich gestört“, verdeut­licht Gobbi. Auf die verbaute Technik muss deshalb hundert­pro­zentig Verlass sein.

Desin­fek­tion in der High­tech-Spül­ma­schine

Funk­tio­niert wie die Spül­ma­schine zu Hause — nur viel präziser: der Ther­mo­des­in­fektor von Bonfer­raro. (Foto | Bonfer­raro S.p.A.)

Ein Ther­mo­des­in­fektor funk­tio­niert ähnlich wie eine Spül­ma­schine im Haus­halt. Nach den Wasch- und Spül­phasen steht am Ende des Programms die Trock­nung an. Doch es gibt gravie­rende Unter­schiede. Die Geräte müssen deut­lich präziser arbeiten als die in der heimi­schen Küche. So fordern es die strengen Vorgaben für medi­zi­ni­sche Produkte. Das betrifft bereits die Besei­ti­gung von gröberem Schmutz. „Bleiben Rück­stände zurück, ist der Steri­li­sator im Anschluss selbst bei 140 Grad nicht in der Lage, Bakte­rien gänz­lich abzu­töten“, so Gobbi.

Gar nicht so einfach, da die Formen­viel­falt der zu reini­genden Objekte deut­lich größer ist als zum Beispiel bei Töpfen, Geschirr oder Besteck in der Küche zu Hause. Von der Schere über Reagenz­gläser bis zu Schläu­chen ist alles dabei. Daher bedarf es spezi­eller Trage­sys­teme, damit das Wasser überall hinkommt. Auch die Zufuhr des Wassers und der spezi­ellen Reini­gungs­che­mi­ka­lien muss exakt dosiert und die Tempe­ratur präzise gere­gelt werden. Ein Ther­mo­des­in­fektor hat daher eine zusätz­liche Desin­fek­ti­ons­phase, in der die Tempe­ratur exakt zwischen 90 und 93 Grad Celsius liegen muss.

Zuver­lässig trocken

Ist die Desin­fek­tion abge­schlossen, beginnt die Trock­nung. Entschei­dend bei dieser Phase ist, dass kein Tröpf­chen Wasser auf den Gegen­ständen zurück­bleibt, denn nur dann können sie anschlie­ßend sofort einge­schweißt werden und in den Steri­li­sator kommen. Je nach Form und Mate­rial dauert dieser Vorgang zwischen 15 und 30 Minuten. „Plastik ist zum Beispiel deut­lich schwerer zu trocknen als Glas“, erklärt Gobbi. Auch hier gibt es eine fein abge­stimmte Choreo­grafie: Zunächst wird mit nied­rigen Drücken Luft in die Wasch­kammer geblasen, damit der Dampf langsam entweicht, dann folgt die Zufuhr von bis zu 120 Grad Celsius heißer Luft in unter­schied­li­chen Geschwin­dig­keits­stufen. „Wir haben hier einen Trock­nungs­kreis­lauf entwi­ckelt, der möglichst schnell und effi­zient funk­tio­niert“, so Gobbi. Die entschei­dende Kompo­nente für diesen Vorgang ist das Gebläse. Und das musste für ­Gobbis drei neue Gerä­te­typen beson­ders leis­tungs­stark sein – auch weil es gegen den Wider­stand der soge­nannten „High Effi­ci­ency Parti­cu­late Air“ — oder kurz HEPA-Filter ankommen muss, die verhin­dern, dass Keime und Staub­par­tikel von außen in die Wasch­kammer gelangen.

Wir haben hier einen Trock­nungs­kreis­lauf entwi­ckelt, der möglichst schnell und effi­zient funk­tio­niert.

Ezio Gobbi, Inge­nieur bei Bonfer­raro

Gobbi wandte sich an ebm-papst: „Das war für mich der logi­sche Schritt. Wir arbeiten schon seit über 30 Jahren bei anderen Projekten zusammen.“ Mit anderen Projekten meint Gobbi gewöhn­liche Haus­halts­ge­schirr­spüler, die das Unter­nehmen eben­falls herstellt. Doch die Geblä­se­lö­sungen, die für diese Geräte im Einsatz sind, reichten für Gobbis Anfor­de­rungen nicht aus oder wären bei der gefor­derten Leis­tung zu groß gewesen für den zur Verfü­gung stehenden Bauraum. Und eine maßge­schnei­derte Lösung kam nicht infrage: „Das ist kein Massen­markt wie bei den Haus­halts­ge­schirr­spü­lern. Unsere Stück­zahlen sind einfach zu niedrig, das würde sich nicht rechnen. Wir benö­tigten ein bereits fertig entwi­ckeltes Produkt.“

Die Lösung aus der Therme

Fabio Milani, Key-Account-Manager und Gobbis Ansprech­partner bei ebm-papst Italien, musste mit den Experten in Landshut also einen anderen Weg suchen. „Die Leis­tungs­an­for­de­rungen, die Gobbi beschrieb, passten ziem­lich genau zu den Gebläsen, die wir sonst in Brenn­wert­thermen einsetzen: den VGR 118 und den VGR 148“, sagt Milani und ergänzt: „Den VGR 118 haben wir mit einen Hoch­leis­tungs­motor ausge­stattet, damit sich das Gebläse für alle drei Gerä­te­typen eignet.“ Dank EC-Tech­no­logie sind mit den Geblä­se­typen hohe Dreh­zahlen und damit hohe Drücke möglich, die den HEPA-Filter über­winden — und das in einer kompakten Bauweise. Zudem sind sie stufenlos regelbar, sodass die Geschwin­dig­keit präzise an die unter­schied­li­chen Trock­nungs­phasen ange­passt werden kann. Die perfekte Lösung also? Fast. Wäre da nicht das Venturi, das seri­en­mäßig an den Gebläsen ange­bracht wird. In der Brenn­wert­therme ist es für die Rege­lung der Gaszu­fuhr essen­ziell, in den Ther­mo­des­in­fek­toren von Bonfer­raro würde es nur stören.

Das Aus für die Stan­dard­lö­sung und doch die teure Indi­vi­du­al­lö­sung? Es kommt anders. Milani erklärt: „Wie es der Zufall will, wurden zeit­gleich dieselben Gebläse als Vari­anten ohne Venturi erstellt.“ Gobbi profi­tiert hiervon als Erster. Er kann diese eben­falls für seine drei Gerä­te­typen einsetzen. „Leis­tungs­merk­male und Geome­trie passten nun perfekt zu unseren Anfor­de­rungen“, sagt Gobbi. Die drei neuen Ther­mo­des­in­fek­toren werden ab Juli 2022 produ­ziert. Die Nach­frage nach den Geräten von Bonfer­raro wächst. „Durch die Corona-Pandemie ist die Sensi­bi­lität für Hygiene deut­lich gestiegen, das hat sich auch bei uns bemerkbar gemacht“, schließt er.

Wie ein Ther­mo­des­in­fektor arbeitet — Beispiel Kran­ken­haus

Während einer Opera­tion verwendet ein Chirurg zahl­reiche Instru­mente: Skal­pelle, Scheren, Pinzetten und viele weitere unter­schied­liche Opera­ti­ons­be­stecke. Manche werden direkt nach Gebrauch wegge­worfen, die anderen müssen gerei­nigt, desin­fi­ziert und steri­li­siert werden, bevor sie wieder in den OP-Saal kommen.

01 Die Reini­gung beginnt

In Kran­ken­häu­sern steht der Ther­mo­des­in­fektor zwischen einem unreinen Raum, von dem aus er beladen wird, und dem Rein­raum, wo die gerei­nigten Instru­mente entnommen werden. Daher hat er zwei Türen. Vor der Bela­dung werden die Instru­mente von einer Fach­kraft manuell vorge­r­ei­nigt.

02 Das Wasch­pro­gramm

Wie bei einer normalen Haushalts­spülmaschine auch, wech­seln sich Wasch- und Spül­phasen ab. Aller­dings werden in einem Ther­mo­des­in­fektor Prozesse wie die Zufuhr der Reinigungs­chemikalien viel genauer gesteuert.

03 Die Desin­fek­tion

In der Desinfektions­phase wird für den Wasch­vor­gang demi­ne­ra­li­siertes Wasser verwendet. Im normalen Leitungs­wasser sind zu viele Fremd­körper wie zum Beispiel Mine­ra­lien enthalten, die auf den Objekten zurück­bleiben könnten. Die Tempe­ratur muss während der Desin­fek­tion konstant 90 bis 93 Grad Celsius betragen.

04 Die Trock­nung

Am Ende des Programms steht die Trock­nung an, für die Bonfer­raro ein fein austa­riertes System entwi­ckelt hat. Dabei hilft das Gebläse, das mit hohem Druck die Luft durch den HEPA-Filter presst.

Je nach gewähltem Programm dauert der gesamte Spül­pro­zess zwischen 25 Minuten und knapp zwei Stunden. Von der Rein­raum­seite her werden die desin­fi­zierten Instru­mente entnommen, einge­tütet und dann in den Steri­li­sator gesteckt. Erst danach sind sie wieder für die nächste Opera­tion einsatz­be­reit.

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