© Jordi Ruiz Cirera/Fotogloria

Dieser CEO verschenkt Data­center

Das D4 unter einem Park in Genf ist das nach­hal­tigste Rechen­zen­trum Europas. Es verbraucht kein Wasser und so gut wie keinen Strom. Und es verwendet die verbrauchte Energie gleich nochmal. Damit beweist der Betreiber Info­ma­niak, dass Cloud­com­pu­ting ein wich­tiger Teil der Ener­gie­wende sein kann. Und sagt allen: „Bitte nach­ma­chen!“


Rechen­zen­tren stillen unseren immer größeren Daten­hunger. Dabei verschärfen sie die Klima­krise: Sie produ­zieren erst Hitze und lassen die dann verpuffen, zweigen Millionen Liter Wasser von Gemeinden und Land­wirt­schaft ab, nutzen fossile Brenn­stoffe oder gar Atom­energie, versie­geln die Natur. Ein depri­mie­render Blick auf eine rapide wach­sende Branche. Das muss aber nicht so sein. Info­ma­niak, führender Schweizer Clou­dan­bieter, sieht nicht nur einen Hoff­nungs­schimmer, sondern hat ihn gebaut: mit dem D4, dem nach­hal­tigsten Rechen­zen­trum Europas. Und Info­ma­niak macht es anderen Betrei­bern von Rechen­zen­tren leicht – die müssen nur d4project.org in den Browser eintippen, sich die Open-Source-Doku­men­ta­tion des Projekts anschauen und das Ganze nach­bauen.

Oben grüner Park, unten grünes Rechen­zen­trum: Das D4 liegt mitten im Genfer Wohn­viertel La Bisto­quette. (Bild | Jordi Ruiz Cirera/Fotogloria)
Es ist unsichtbar, versorgt aber unge­fähr 6.000 Haus­halte mit Wärme. (Bild | Info­ma­niak)

„D4 ist repli­zierbar. Und dieses Wissen teilen wir trans­pa­rent und kosten­frei mit der gesamten Branche, um endlich die nötigen Verän­de­rungen herbei­zu­führen“, sagt Boris Siegen­thaler, Mitgründer und stra­te­gi­scher Denker des unab­hän­gigen Schweizer Cloud-Anbie­ters. Als Unter­nehmen, das nicht börsen­no­tiert ist, sondern seinen Mitar­bei­tenden gehört, tun sie schon immer das, wovon sie über­zeugt sind. Ihre Vision ist eine ethi­sche Cloud, die Europa tech­no­lo­gisch unab­hän­giger macht und keine Kompro­misse bei Daten- und Umwelt­schutz eingeht. Dafür reinves­tiert Info­ma­niak seit 2015 alle seine Gewinne – und baut seine eigenen Rechen­zen­tren und nur in der Schweiz.

95 %

der verbrauchten Energie werden außer­halb des Rechen­zen­trums wieder­ver­wendet.

6000

Haus­halte können ganz­jährig mit der Abwärme des D4 beheizt werden.

Unsichtbar, unhörbar

Das D4 steht nicht in einem Indus­trie­ge­biet ab vom Schuss. Es liegt versteckt unter einem Park im Genfer Öko-Wohn­quar­tier „La Bisto­quette“, ohne Flächen zu versie­geln. Die Genos­sen­schaft des Quar­tiers entschied sich bei der Planung des Vier­tels dazu, aus Umwelt­gründen weniger Autos und weniger Park­plätze zuzu­lassen. Wo ursprüng­lich eine Tief­ga­rage ange­dacht war, wurde unter­ir­disch Platz frei. Und Info­ma­niak suchte zu genau der Zeit einen Standort für ein Rechen­zen­trum, dessen Abwärme wieder­ver­wendet werden soll. Was für eine Win-Win-Situa­tion!

Ein Rechen­zen­trum, dessen Abwärme wieder­ver­wendet wird: Für Boris Siegen­thaler ist das der Weg, den alle gehen müssen. Deshalb stellt Info­ma­niak sein Wissen öffent­lich zugäng­lich und kostenlos zur Verfü­gung.

Kühlen aus eigener Quelle

Der Bau des D4 dauerte vier­ein­halb Jahre, mehr als doppelt so lang wie norma­ler­weise. „Wir mussten vieles im laufenden Prozess immer wieder neu denken“, erklärt Boris Siegen­thaler. „Die größte Heraus­for­de­rung war es, das Kühl­kon­zept bei gleich­blei­bender Grund­fläche um 25 Prozent Kapa­zität zu erhöhen.“ Das war nötig, um den erhöhten Wärme­be­darf im Betrieb zu decken. Eine Heraus­for­de­rung, mit der sich vor allem S+T Service & Tech­nique SA (S+T) beschäf­tigte, ein Schweizer Spezia­list für Klima­ti­sie­rung, Belüf­tung und Heizung. Sie hatten 2013 bereits mit Info­ma­niak an deren ersten Rechen­zen­trum ohne Klima­an­lage und reiner Kühlung über Außen­luft gear­beitet. Daher wussten Chris­tian Logean und sein Team schon unge­fähr, was sie beim D4 erwartet: „Im Prinzip ist alles, was wir im D4 an Technik einsetzen, Teil der heutigen Möglich­keiten. Es ist eher die kluge Kombi­na­tion, die es so beson­ders macht.“

Die 70 RadiPac in der Baugröße 800 mussten per Kran ins unter­ir­di­sche D4 gehoben werden. (Bild | ebm-papst)
Jetzt sorgen die drei FanGrid für die opti­male Luft­zir­ku­la­tion. (Bild | Info­ma­niak)

D4 nutzt die Energie, die es verbraucht möglichst effi­zient. Und es nutzt die entste­hende Abwärme, um die verbrauchte Energie zurück­zu­geben. Dafür muss die gesamte, von den Servern und anderen elek­tri­schen Anlagen aufge­heizte Luft zuver­lässig zu den Wärme­tau­schern- und pumpen und kalte Luft zur Kühlung ebenso zuver­lässig zu den Servern zurück­ge­führt werden. S+T suchte nach einer Lösung für insge­samt drei Venti­la­tor­wände, soge­nannte FanGrid: „Eins für die Umluft, eins für die Abluft, und eines für die Außen­luft. Die Venti­la­toren mussten leis­tungs­stark sein, um die Luft­zir­ku­la­tion jeder­zeit sicher­zu­stellen, dabei aber am besten mit nied­riger Dreh­zahl laufen. Wegen der umlie­genden Wohn­häuser war es wichtig, dass unsere Lösung absolut geräuscharm ist“, erklärt Chris­tian Logean. S+T verglich unter­schied­liche Anbieter und entschied sich für ebm-papst: „Das Unter­nehmen ist führend in dem Bereich. Deswegen wollten wir mit ihnen arbeiten.“

Wegen der umlie­genden Wohn­häuser war es wichtig, dass unsere Lösung absolut geräuscharm ist.

Chris­tian Logean, Leiter Planungs­büro S+T

Betrieb gesi­chert, egal was kommt

Den Vorteil eines FanGrid sieht Chris­tian Logean vor allem in der Redun­danz – auch bei einzelnen Ausfällen oder redu­zierter Kapa­zität ist der Betrieb von D4 nie gefährdet. „Und sollte die Wärme­rück­ge­win­nung tatsäch­lich einmal ausfallen, können wir die FanGrid problemlos auf den Betrieb mit Außen­luft umstellen und die Server bleiben kühl.“ Die Leis­tungs­be­rech­nung machte S+T selbst. „Mit dem FanScout von ebm-papst haben wir die Anlagen präzise geplant. Wir bestellten 70 RadiPac der zweiten Gene­ra­tion in der Baugröße 800 – alles easy. Die größte Heraus­for­de­rung war das Einbringen, weil wir die riesigen Venti­la­toren per Kran in das unter­ir­di­sche D4 heben mussten“, sagt Chris­tian Logean. S+T lieferte Info­ma­niak auch noch das eigene Steue­rungs­system Digimat, das die Venti­la­toren rund um die Uhr per MODBUS bedarfs­ge­recht regelt.

Normales Rechen­zen­trum vs. D4

Normale Rechen­zen­tren geben die beim Betrieb entste­hende Wärme an die Umge­bungs­luft ab.

D4 nutzt die gesamte erzeugte Wärme über ein geschlos­senes System von Luft-Wasser-Wärme­tau­schern und Wärme­pumpen und speist sie ins Fern­wär­me­netz ein, genug um ganz­jährig etwa 6.000 Haus­halte zu versorgen.

Normale Rechen­zen­tren kühlen die Server mit wasser­in­ten­siven Kühl­sys­temen oder ener­gie­auf­wen­digen Klima­an­lagen.

D4 hat nichts davon. Es nutzt den Rück­ge­win­nungs­me­cha­nismus seiner Wärme­pumpen für kühles Wasser und hält die Server damit konstant bei 28 Grad.

Normale Rechen­zen­tren setzen auf globale Zulie­ferer, unab­hängig von Trans­port­wegen oder lokaler Wert­schöp­fung.

D4 arbeitet wo möglich mit euro­päi­schen Unter­nehmen, für eine bessere Ökobi­lanz, echte Part­ner­schaften und tech­no­lo­gi­sche Unab­hän­gig­keit.

D4 macht Ener­gie­wende

Seit November 2024 ist D4 in Betrieb und wird schritt­weise stärker ausge­lastet, bis es 2028 seine volle Leis­tung erreicht. Mindes­tens 20 Jahre wird es seinen Beitrag leisten und zeigen, dass Rechen­zen­tren nicht nur Strom­fresser sind, sondern Akteure der Ener­gie­wende. Dafür über­wacht Info­ma­niak vor allem zwei Indi­ka­toren: PUE und ERF. Die Kenn­zahl PUE (Power Usage Effec­ti­ve­ness) setzt den gesamten Ener­gie­ver­brauch des Rechen­zen­trums ins Verhältnis zum Ener­gie­ver­brauch, der nur für die IT-Systeme wie Server genutzt wird. Alles, was über 1 liegt, verbraucht das Rechen­zen­trum für seine Klima­ti­sie­rung und andere Infra­struk­turen. Der PUE des D4 liegt durch­schnitt­lich bei unge­fähr 1,09. Das heißt, für jede Einheit Strom, die die IT verbraucht, benö­tigt D4 nur 0,09 Einheiten – 9 Prozent – zusätz­lich für andere Infra­struk­turen. Global gesehen liegt der PUE im Schnitt bei 1,58 – fast 60 Prozent Energie verbrau­chen diese normalen Rechen­zen­tren also on top für beispiels­weise ihre Kühlung.

„Ein anderes Para­digma ist möglich. Das zeigt D4.“

Der ERF (Energy Reuse Factor) misst, wie viel der insge­samt verbrauchten Energie außer­halb des Rechen­zen­trums wieder­ver­wendet wird. Der liegt beim D4 bei knapp unter 1, durch­schnitt­lich bei 0,95 – 95 Prozent werden also in Form von Wärme wieder­ver­wendet. „Unser Ziel ist es natür­lich, in beiden Fällen so nahe wie möglich an die 1 ranzu­kommen und neue Stan­dards zu setzen“, so Siegen­thaler.

D4 wurde bereits mehr­fach ausge­zeichnet, unter anderem 2023 mit dem Schweizer Ethik­preis und 2025 mit dem Preis der Ener­gie­wende. Doch damit ist für Info­ma­niak natür­lich noch nicht Schluss. „Um unser Wachstum zu unter­stützen, suchen wir aktiv nach weiteren Fern­wär­me­netzen. Bis 2028 benö­tigen wir ein weiteres Rechen­zen­trum mit mindes­tens 3,3 MW. Wir beziehen den Strom lokal und geben unsere CO2-freie Abwärme kostenlos ab“, sagt Boris Siegen­thaler. Mit dem D4 hat das Unter­nehmen bereits gezeigt, dass es funk­tio­niert, wenn man es nur anpackt. „Ein anderes Para­digma ist möglich.“

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