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Den Schall­quellen auf der Spur

In der Venti­la­to­ren­technik hat sich einiges getan. Strö­mungs­op­ti­mierte EC-Venti­la­toren setzen sich in der Kälte- und Klima­technik durch. Dennoch gibt es noch Opti­mie­rungs­po­ten­tial bei der Geräusch­ent­wick­lung. Mit gründ­li­chen Akustik-Unter­su­chungen wird unter Rück­sicht auf die Einbau­si­tua­tion jede einzelne Schall­quelle ausfindig gemacht.


Schall­quellen bei Venti­la­toren auf die Spur zu kommen ist nicht einfach, denn während aero­dy­na­mi­sche Simu­la­ti­ons­pro­gramme recht weit entwi­ckelt und am Markt etabliert sind, ist die Simu­la­tion von Aero­akustik heute noch Gegen­stand der Forschung. Die erfor­der­liche räum­liche Auflö­sung kleiner turbu­lenter Struk­turen verlangt im Vergleich zur aero­dy­na­mi­schen Simu­la­tion wesent­lich höhere Zell­zahlen. Für einen Venti­lator in einer bestimmten Strö­mungs­si­tua­tion können das sogar mehrere Millionen im zwei bis drei­stel­ligen Bereich sein.

Zudem ist immer eine hohe zeit­liche Auflö­sung notwendig, typi­sche Schritte liegen hier im Bereich von 10 Mikro­se­kunden. Die benö­tigten Rechen­res­sourcen und der damit verbun­dene zeit­liche und finan­zi­elle Aufwand sind dementspre­chend hoch. Deshalb werden auch z. B. bei Venti­la­toren nur die größeren (für die Akustik rele­vanten) turbu­lenten Struk­turen aufge­löst. Trotz dieser Einschrän­kungen bleibt der Aufwand beacht­lich und zurzeit wird an Ansätzen zur Reduk­tion des Rechen­auf­wands gear­beitet. Unter­stüt­zung bringen dabei auch expe­ri­men­telle Verfahren.

Beam­forming mit dem Mikro­fon­array

Als expe­ri­men­telles Verfahren zur Ortung von Schall­quellen am rotie­renden Venti­lator nutzt der Motoren- und Venti­latoren­spezialist ebm-papst beispiels­weise das soge­nannte Beam­forming-Verfahren als Ergän­zung zu der aufwän­digen aero­akus­ti­schen Simu­la­tion. Herz­stück ist ein kreis­för­miges Mikro­fon­array (Bild 1), bei dem 80 Mikro­fone auf zwei Ebenen ange­ordnet sind.

Bild 1: Das kreis­för­mige Mikro­fon­array, bei dem 80 Mikro­fone auf zwei Ebenen ange­ordnet sind, ist im Venti­la­to­ren­prüf­stand auf der Saug­seite einge­setzt.
Bild 2: Das Beam­forming-Verfahren (oben) erkennt die glei­chen Trends wie die aero­akus­ti­sche Simu­la­tion (unten). In beiden Fällen stehen die roten Bereiche für lautes Geräusch­ver­halten.

Das Mikro­fon­array ist im Venti­la­to­ren­prüf­stand auf der Saug­seite einge­setzt und misst dort die Lauf­zeit­un­ter­schiede der Schall­wellen zu den einzelnen Mikro­fonen. Ausge­klü­gelte Algo­rithmen werten dann die über 30 Sekunden bei bekannter Venti­la­tor­dreh­zahl gewon­nenen Daten aus. Das Ergebnis zeigt, dass das Beam­forming-Verfahren die glei­chen Trends erkennt wie die aero­akus­ti­sche Simu­la­tion (Bild 2). Aufgrund der expe­ri­men­tellen Ergeb­nisse lässt sich somit auch die nume­ri­sche Simu­la­tion über­prüfen und opti­mieren. ebm-papst nutzt zur Ortung von Schall­quellen das Beam­forming-Verfahren als Ergän­zung zur aufwän­digen aero­akus­ti­schen Simu­la­tion.

Bild 3: Die Zuström­tur­bu­lenzen und die Kopf­spalt­strö­mung sorgen für eine Geräu­scher­hö­hung. Zuström­tur­bu­lenzen kommen vor allem dann zum Tragen, wenn der Venti­lator einge­baut ist.

Die Auswer­tungen lassen bei einem typi­schen Axial­ven­ti­lator zwei domi­nante Geräusch­quellen erkennen: die Kopfspalt­strömung zwischen Schaufel und Wand­ring sowie die soge­nannten Zuström­tur­bu­lenzen (Bild 3). Am Kopf­spalt kommt es durch den Druck­un­ter­schied zwischen der Druck- und Saug­seite zur Über­strö­mung der Venti­la­tor­schaufel an der Schau­fel­spitze. Die Strö­mung inter­agiert dort mit den vorhan­denen Kanten, also der Schau­fel­ober­fläche und der umge­benden Gehäu­se­wand. Es bilden sich Wirbel, die bei der Ablö­sung den Schall­pegel um bis zu 10 dB erhöhen können.

Bild 4: Wirbel­zöpfe in einer kasten­för­migen Zuström­si­tua­tion.

Zuström­tur­bu­lenzen kommen vor allem dann zum Tragen, wenn der Venti­lator einge­baut ist. Für den Test mit dem Mikro­fon­array wurde dazu ein Kasten gewählt, wie er beispiels­weise bei Wärme­tau­schern üblich ist. An den Gehäu­se­wänden entstehen Rück­ström­ge­biete mit entspre­chender Zirku­la­tion, also Luft­ver­wir­be­lungen. Diese werden dann zu den Stellen mit dem engsten Abstand zwischen Venti­lator und Gehäu­se­wand gezogen. Dort verbinden sich die Verwir­be­lungen beider Seiten mitein­ander.

Diese „Wirbel­zöpfe“ sorgen dann für hohe Turbu­lenzen (Bild 4). An der Schau­fel­vor­der­kante kommt es dadurch zu großen Druck- und Geschwin­dig­keits­schwan­kungen, was zu teil­weise dras­ti­schen Zusatz­ge­räu­schen vor allem im nieder­fre­quenten Bereich führt.Zum einen entsteht ein breit­ban­diges Rauschen, zum anderen aber auch schmal­ban­dige tonale Schall­an­teile, die auch als Dreh­klang bezeichnet werden. Die dafür typi­schen, unan­ge­nehm „brum­menden“ Geräu­sche hat wohl jeder schon einmal gehört.

Von der Ursa­chen­for­schung zur Geräusch­be­kämp­fung

Sind die Geräusch­quellen loka­li­siert, lassen sich Maßnahmen ergreifen, um die Aero­akustik der Venti­la­toren zu verbes­sern: Wie sich zeigte, hat der Spalt­ab­stand zwischen Schau­fel­spitze und Wand­ring einen großen Einfluss auf das Geräusch­verhalten. Zwar nimmt das Geräusch bei kleiner werdendem Spalt ab, aber das Spaltmaß kann aufgrund ferti­gungs­be­dingter Notwen­dig­keiten nicht beliebig verklei­nert werden, ohne Berüh­rungen der Schau­fel­spitze am Wand­ring zu riskieren.

Bild 5: Mit Wing­lets (rot) an der Schau­fel­spitze können die Kopf­spalt­strö­mung und die sich bildenden Wirbel so beein­flusst werden, dass sich eine deut­liche Geräusch­re­duk­tion ergibt.

Hier helfen Wing­lets weiter. Mit diesen defi­nierten geome­tri­schen Verfor­mungen an der Schau­fel­spitze können die Kopf­spalt­strö­mung und die sich bildenden Wirbel so beein­flusst werden, dass sich eine deut­liche Geräusch­re­duk­tion ergibt (Bild 5). Die Kopf­spalt­strö­mung wird positiv beein­flusst, was die Inter­ak­tion der Strö­mung mit den Kanten verrin­gert. So ergibt sich eine Schall­leis­tungs­re­duk­tion von bis zu 10 dB.

Um die Zuström­tur­bu­lenzen zu redu­zieren, helfen geome­tri­sche Verän­de­rungen am Venti­lator alleine nicht, da sich diese aus der Einbau­si­tua­tion ergeben. Zusätz­liche Dämm­maß­nahmen am Gehäuse bringen meist auch wenig Erfolg, denn entspre­chende Dämm­platten wirken typi­scher­weise erst ab höheren Frequenzen. Weiter hilft ein anderer Ansatz: Verbes­sert man die Zuströ­mung der Luft zum Venti­lator, verrin­gern sich die Turbu­lenzen und somit auch die durch sie verur­sachten, lästigen nieder­fre­quenten Geräu­sche. ebm-papst hat deshalb ein spezi­elles Vorleit­gitter (Flow­Grid) entwi­ckelt, das prak­tisch wie ein Gleich­richter auf die Luft­zu­fuhr wirkt. Es redu­ziert dadurch dras­tisch die geräusch­er­zeu­genden Störungen in der Zuströ­mung und wirkt bei Axial- und Radi­al­ven­ti­la­toren glei­cher­maßen (Bild 6).

Bild 6: Unab­hängig von den bauli­chen Gege­ben­heiten und der Einbau­si­tua­tion im Gehäuse errei­chen die Venti­la­toren mit dem Vorleit­gitter (Flow­Grid) Geräu­schwerte, die mit dem Betrieb unter Labor­test­be­din­gungen vergleichbar sind.

Unab­hängig von den bauli­chen Gege­ben­heiten und der Einbau­si­tua­tion im Gehäuse errei­chen die Venti­la­toren damit Geräu­schwerte, die mit dem Betrieb unter Labor­test­be­din­gungen vergleichbar sind. Die aero­akus­ti­schen Unter­su­chungen haben damit bewiesen, dass sie erheb­lich zur Venti­la­toren-Opti­mie­rung beitragen. Auf die Zukunft darf man gespannt sein, sicher werden die ener­gie­ef­fi­zi­enten Venti­la­toren von ebm-papst immer noch ein biss­chen leiser werden.


„Zahlen allein sagen nichts aus“

Das Niveau der Geräusch­emis­sionen ist ein entschei­dendes Quali­täts­kri­te­rium für Venti­la­toren. Wie ebm-papst für wohl­klin­gende Produkte sorgt, erklärt Dr. Marc Schneider, Grup­pen­leiter Akustik.

Ab wann wird ein Venti­la­tor­ge­räusch als störend empfunden?

Das lässt sich nicht ganz einfach beant­worten. Natür­lich gibt es physi­ka­li­sche Merk­male wie den Geräusch­pegel, die man im Test­stand messen kann. Solche Zahlen allein sagen aber oft noch nichts darüber aus, wie das mensch­liche Ohr solche Geräu­sche einordnet. Für die subjek­tive Beur­tei­lung ist etwa wichtig, wie „rau“ ein Geräusch wahr­ge­nommen wird.

Viele Geräu­sche enthalten tonale Kompo­nenten, die stark störend wirken können.

Dr. Marc Schneider, Grup­pen­leiter Akustik ebm-papst

Ein solches Empfinden kann entstehen, wenn das Signal durch Ände­rung von Frequenz oder Ampli­tude eine zeit­liche Struktur erhält. Viele Geräu­sche enthalten zudem tonale Kompo­nenten, die stark störend wirken können. Dieses Empfinden unter­scheidet sich von Person zu Person, was die Bewer­tung noch verkom­pli­ziert. Der eine reagiert auf tief­fre­quente Geräu­sche negativ, der andere zuckt bei den Höhen eher zusammen.

Wie misst man dieses persön­liche Empfinden?

Wir haben bei ebm-papst mit dem „AudiMax“ ein soge­nanntes Psycho­akus­tik­labor einge­richtet. In dieser schall­iso­lierten Einrich­tung haben wir Platz für bis zu acht Test­hörer, denen wir die Geräu­sche unserer Produkte in unter­schied­li­chen Konfi­gu­ra­tionen vorspielen können.

Wie gelangen Sie mit dieser Methode zu verwert­baren Ergeb­nissen?

Unsere Mitar­beiter befragen die Probanden anschlie­ßend und schaffen so eine Daten­basis unter wissen­schaft­li­chen Gesichts­punkten. Damit können wir in Zusam­men­ar­beit mit den Kollegen aus der Produkt­ent­wick­lung evalu­ieren, welche Maßnahmen greifen und welche nicht. Schluss­end­lich ist das Ziel ein Venti­la­tor­ge­räusch, das von einer möglichst breiten Masse an Test­per­sonen als ange­nehm empfunden wird.


Wie wirkt Schall?

Die Geräusch­be­wer­tung fasst Physik und Menschen in Zahlen.

Die Qualität eines Produktes hinsicht­lich seiner Geräusch­emis­sion wird meist durch den dB(A)-Wert bestimmt. Damit ist der Schall­druck­pegel gemeint, den eine akus­ti­sche Quelle in einem gewissen Abstand erzeugt. Lärm­be­las­tung kann in Abhän­gig­keit von der Höhe der Wech­sel­drücke, aus denen der Schall­druck­pegel ermit­telt wird, zu einer leichten Minde­rung geis­tiger Leis­tungs­fä­hig­keit bis hin zu Schmerz und Bewusst­lo­sig­keit führen.

Hinter dB(A) verbirgt sich auch ein Bewer­tungs­ver­fahren für akus­ti­sche Messungen, das die Frage „Wie wirkt Schall auf den Menschen?“ beant­worten soll. Diese Frage beschäf­tigt Wissen­schaftler seit Jahr­zehnten, aber zuneh­mend auch Inge­nieure. Folgende Erkennt­nisse wurden beispiels­weise in psycho­akus­ti­schen Studien gesam­melt: Aus physio­lo­gi­schen Gründen nimmt der Mensch nicht jede Frequenz gleich wahr. Das Diagramm (Abbil­dung 1) visua­li­siert das Ergebnis von Hörver­su­chen mit Tönen unter­schied­li­cher Frequenzen. Die Kurven zeigen in Abhän­gig­keit von der Frequenz, wie viel Schall­druck­pegel nötig ist, damit der Schall vom Menschen uniform wahr­ge­nommen wird. Man redet dann von Laut­heit.

Empfin­dung von Laut­stärke

Das mensch­liche Ohr ist in der Lage, akus­ti­sche Wellen sehr unter­schied­li­cher Ampli­tuden wahr­zu­nehmen. Bei einer Frequenz von 1 kHz liegt die Hörschwelle bei ca. 20 µPa, die Schmerz­grenze bei circa 64 Pa.

Um diese sehr hohe Dynamik zu visua­li­sieren, wurde die dB-Skale folgen­der­maßen herge­leitet:

mit p0 = 20 µPa und p2 bezeichnen die Energie des akus­ti­schen Signals.

Die Erkennt­nisse aus diesem Diagramm sind viel­fältig. Zum einen ist zu sehen, dass das mensch­liche Ohr im Bereich von zwei bis vier Kilo­hertz am empfind­lichsten ist. Wesent­lich höhere oder nied­ri­gere Frequenzen werden als leiser wahr­ge­nommen — trotz iden­ti­schem Schall­druck­pegel. Zum anderen ist zu erkennen, dass diese Eigen­schaft des Gehörs noch von der Laut­heit selbst abhängt. Zur Gestal­tung der dB(A)-Bewertung wurde die Isokurve bei 40 Phon verwendet (Abb. 2). Neben der dB(A)-Bewertung gibt es noch weitere Frequenz­be­wer­tungen. Beispiels­weise wird dB(C) bei hohen Schall­druck­pe­geln als bessere Alter­na­tive vorge­schlagen. Im Bereich des Lärms von Flug­ge­räten hat sich die dB(D)-Bewertung verbreitet. Der dB(A)-Wert und seine Reduk­tion von einer Produkt­ge­ne­ra­tion zur nach­fol­genden stellt im Bereich indus­tri­eller Güter ein Verkaufs­ar­gu­ment dar. Dies reicht nicht aus, wenn der Effekt der Geräusch­re­duk­tion beim Menschen aufgrund einer noch wesent­lich diffe­ren­zier­teren Wahr­neh­mung als der reinen Laut­heit bestimmt wird. Weitere Unter­su­chungen haben zum Beispiel gezeigt, dass eine Geräusch­re­duk­tion um circa zehn dB(A) als Halbie­rung der Laut­heit wahr­ge­nommen wird.

Beispiele für Geräu­sche, in dB(A)

  • 160: Gewehr­schuss in Mündungs­nähe
  • 130: Düsen­jäger in 7 m Abstand
  • 120: Verkehrs­flug­zeug in 7 m Abstand
  • 110: Perso­nen­flug­zeug in 7 m Abstand
  • 100: Kreis­säge, Posau­nen­or­chester
  • 90: PKW mit 100 km/h in 1 m Abstand
  • 80: PKW mit 50 km/h in 1 m Abstand
  • 70: Rasen­mäher
  • 60: Normales Gespräch, PKW in 15 m Abstand
  • 50: Leise Radio­musik
  • 40: Brummen eines Kühl­schranks
  • 30: Flüs­tern
  • 20: Trop­fender Wasser­hahn
  • 10: Blät­ter­rau­schen im Wald
  • 0: Defi­nierte Hörschwelle

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