Frühjahr 2017, Lahr
Männer und Frauen schieben kleine Wagen durch die Gänge. Links und rechts Schuhkartons, verpackte Hüte, T-Shirts, Lederjacken, Sportsocken und BHs. Immer wieder blicken sie auf den Monitor ihrer Scanner, greifen in die Regale und bringen die Waren zu einem Fördersystem, das sie weiter zu den Verpack- und Versandstationen leitet. Christof Krause lässt kurz einen Mitarbeiter mit Wägelchen vorbei und atmet tief ein. „Gute Luft hier. Da wir den Außenluftanteil in der Halle frei programmieren können, experimentieren wir gerade damit: Wie viel Außenluft wollen wir haben, wie viel ist unter Effizienzgesichtspunkten sinnvoll? Wir verlassen uns da nicht nur auf Messwerte, sondern auch auf unsere Nasen.“ Krause ist Leiter der Gebäudetechnik eines neu errichteten, 130.000 Quadratmeter großen Logistikzentrums der Mode-Onlineplattform Zalando. Die Megahalle steht in Lahr im Schwarzwald, kurz vor der Rheingrenze zu Frankreich.
Ende 2015, Emmerich
530 Kilometer flussaufwärts an der Rheingrenze zu den Niederlanden brütet Frank Reimann, Geschäftsführer der Klimatisierungsfirma MultiCross, über den Bauplänen zu Zalandos Logistikzentrum. Reimann hat den Auftrag, dafür zu sorgen, dass in jeder Ecke des neuen Logistikzentrums zu jeder Zeit konstant 22 Grad Celsius Temperatur herrschen.
„Zalando stellt sehr hohe Ansprüche an die Arbeitsumgebung und plant mit äußerst niedrigen Toleranzen. Wenn die sagen, 22 Grad sommers wie winters, und das überall, dann meinen die das so.“ Eine immense Herausforderung, zum Beispiel im sogenannten Kommissionierlager, wo die Mitarbeiter die Waren aus den Regalen greifen: Dieses Lager umfasst 175 Reihen auf fünf Ebenen, zukünftig dicht bepackt mit Kleiderkartons. „Die Luftführung in diesem Teil der Halle ist besonders komplex. Dazu kommt die schiere Menge. Wir müssen rund eine Million Kubikmeter Luft pro Stunde umwälzen.“ Schon in knapp einem Jahr soll das Logistikzentrum im Großen und Ganzen fertig sein. Die gesamte geplante Bauzeit beträgt nur rund acht Monate; im Moment ist das Hallengelände eine schlammige Wiese.
Gute Luft hier. Da wir den Außenluftanteil in der Halle frei programmieren können, experimentieren wir gerade damit. Christof Krause, Leiter Gebäudetechnik Zalando in Lahr
Die meisten Sorgen macht sich Reimann zurzeit wegen der kommenden ErP-Richtlinie 2016 der Europäischen Union. Sie erhöht die Effizienzanforderungen an Raumklimatisierung vom 1. Januar 2016 an. „Das Problem ist, dass solche Richtlinien fast bis zum Schluss verhandelt werden. Und selbst am Tag des Inkrafttretens sind viele wichtige Details noch unklar. Die Erfahrung zeigt, dass am Stichtag die große Rückfragerei erst losgeht.“ Reimann fühlt sich, als stochere er im Nebel: Wie soll er Zalando bei diesem rasanten Großprojekt eine normgerechte Klimatisierung bieten, wenn er die Norm nicht kennt?
Frühjahr 2017, Lahr
Christof Krause schaut stolz auf den sogenannten Sorter, der die Kleiderpakete für die Post automatisch nach Destination vorsortiert. Das Logistikzentrum bedient hauptsächlich Süddeutschland, die Schweiz und Frankreich und wird zukünftig Kunden in 15 Märkten in Europa beliefern. „Wir stellen die vorsortierten Container in den Hof und nachts kommen die DHL-Lastwagen und nehmen sie mit.“ Der Betrieb läuft noch nicht auf vollen Touren. Das Logistikzentrum wird ein halbes Jahr nach Start des Testbetriebs immer noch aufgefüllt, an manchen Fördersystemen werkeln die Monteure noch, 450 Menschen kommen momentan täglich zur Arbeit — mittelfristig sollen es mehr als 1.000 sein. „Um einmal die Dimensionen klarzumachen: Am Ende liegen hier mehrere Millionen Einzelartikel, vom Strampler bis zum Stiefel. Das Sortiment wechselt ständig. Wir rechnen mit einem Warenausgang von mehreren Zehntausend Paketen am Tag.“
Zalando gibt es erst seit 2008. Das Start-up-Unternehmen zog schnell an den alten Platzhirschen vorbei und ist heute Europas führende Onlineplattform für Mode, die 2016 einen Umsatz von rund 3,6 Milliarden Euro erwirtschaftete. Bei Lahr im Schwarzwald entstand das inzwischen vierte deutsche Logistikzentrum des Unternehmens. Früher war das Gelände ein NATO-Flughafen der kanadischen Luftwaffe. Seit es vor ein paar Jahren als Bauland freigegeben wurde, entsteht dort ein Logistikzentrum nach dem anderen. „Die Konkurrenz um gute Mitarbeiter in der Region ist groß. Da müssen wir einiges bieten. Neben einer angemessenen Vergütung müssen vor allem auch die Arbeitsbedingungen sehr gut sein. Darum ist uns auch eine konstant angenehme Temperatur so wichtig.“ Gezielt wirbt man auch um französische Grenzgänger: Alles hier ist zweisprachig und jeder Mitarbeiter bekommt gratis Unterricht in der jeweils anderen Sprache.
Ende 2015, Emmerich
Als Frank Reimann über die immer noch vage ErP-Richtlinie 2016 verzweifelt, fällt ihm ein, dass MultiCross Premiumpartner von ebm-papst ist. Premiumpartner bekommen Bau- und Ersatzteile schneller geliefert und werden bei Projekten besonders stark unterstützt. Diese Hilfe kann er nun gut gebrauchen, denn ebm-papst war von Anfang an beteiligt an der Erarbeitung der verschiedenen ErP-Richtlinien. Auch jetzt. „Die Grenzwerte standen fest, aber es war einfach unklar, welche Kriterien konkret gelten werden.“ Kann man etwa den hohen Wirkungsgrad eines EC-Ventilators mit dem niedrigen eines bestimmten Filters gegenrechnen, um ein normgerechtes Gesamtsystem zu erreichen? Es war je nach Lesart noch nicht einmal klar, ob ErP 2016 überhaupt für Logistikhallen wie bei Zalando gilt. „Von ebm-papst bekam ich immer besonders fundierte Einschätzungen, sodass wir Planungssicherheit für das Zalando-Projekt hatten.“
Herbst 2016, Lahr
Frank Reimann ist im Schwarzwald vor Ort. Ein Kran hievt nacheinander 25 Wärmerückgewinnungsanlagen, jede so groß wie eine Doppelgarage, auf das 17 Meter hohe Hallendach. Dazu kommen insgesamt 84 Gasmotoren, die die Anlagen antreiben. Die Wärmerückgewinnungsanlagen über dem sogenannten Sozialtrakt mit Büros, Küche, Kantine und Umkleiden sind mit besonders leisen und sparsamen RadiPac EC-Ventilatoren ausgestattet. Nach der Basisinstallation beobachtet Frank Reimann die Inbetriebnahme der Elektrik, der Sensoren und Datenwege.
„Zusammen mit Siemens haben wir die Software EcoSmart entwickelt. Damit sehen unsere Kunden die entscheidenden Werte, wie etwa Temperatur oder CO2-Konzentration immer auf einen Blick und können sie von einem zentralen Rechner aus regeln.“ Die Daten werden in einer sicheren Cloud gespeichert. Bei auffälligen Werten sendet der gemeinsam mit ebm-papst entwickelte digitale Assistent MultiTrend Viewer dem zuständigen Haustechniker eine Warn-E-Mail oder MultiCross kann per Fernwartung eingreifen. „Mit dem Trend zur smarten Haustechnik und zu Industrie 4.0 wird so ein Service immer mehr als Standard erwartet. Da hilft es ungemein, dass zum Beispiel die EC-Ventilatoren ganz einfach per MODBUS-RTU angesteuert werden können und es kein großer Aufwand ist, sie in ein Informationssystem hineinzukriegen.“
Die Grenzwerte standen fest, aber es war einfach unklar, welche Kriterien konkret gelten werden. Frank Reimann, Geschäftsführer MultiCross
Frühjahr 2017, Lahr
Christof Krause sitzt in einem der zahlreichen Besprechungsräume. „Solche Softwares betrachten wir bei Zalando als gute Übergangslösungen. Wir bauen gerade eine zentrale Software auf für alle Logistikzentren mit sämtlichen Daten aus der Haustechnik — nicht nur dem Klima. Die soll herstellerunabhängig sein.“ Zalando will dadurch eine bessere Vergleichbarkeit der Werte bei bestehenden Großhallen erreichen, zum Beispiel Energieverbrauch in Watt pro vorrätigem Artikel. Das Unternehmen erhofft sich dadurch Effizienzgewinne und Rückschlüsse für künftige Neubauten. Und das Haustechnikteam muss dann nur eine Software erlernen. „Für dieses Projekt ist es eine große Hilfe, dass die Anlagen von MultiCross komfortabel in die Software zu integrieren sind. Wir können die für uns wichtigen Datenpunkte dort sehr leicht abgreifen. Gleichzeitig wird die Fernwartung trotzdem weiter funktionieren. Für uns die optimale Lösung.“
Sommer 2017, Lahr
Die Sonne brennt mit 36 Grad Celsius auf den Schwarzwald nieder. Die Wasserspender der Zalando-Halle haben trotzdem nicht mehr zu glucksen als sonst. Während alle Kunden gerade nur noch Sandalen und Bikinis bestellen, halten es die Zalando-Mitarbeiter im Logistikzentrum auch locker mit langen Hosen und geschlossenen Sicherheitsschuhen aus.
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