Alles begann mit einer kleinen Tragödie. Dietrich Lampe, Koch und Restaurantbetreiber aus Osnabrück, war vor etwa fünf Jahren auf der Geburtstagsfeier eines guten Freundes eingeladen und freute sich schon aufs Essen. Der Caterer hatte groß aufgefahren, die Ernüchterung folgte jedoch gleich beim Entrée: Die Fischvariationen sahen vorzüglich aus, leider kühlten die hauchdünnen Tranchen auf den ungewärmten Tellern in Sekundenschnelle aus. Das Geschmackserlebnis hielt sich damit in Grenzen oder, wie es eine ältere Dame in Lampes Hörreichweite ausdrückte: „Dieser Fisch ist umsonst gestorben!“ Ein Satz, der Lampe nicht losließ.
Als Mann vom Fach wusste er natürlich, warum die Teller kalt bleiben mussten: Zum Vorwärmen hatten Caterer eigentlich nur eine Möglichkeit, nämlich, schwere, unhandliche Wärmewagen mitzuschleppen. „Diese Edelstahlkisten sehen aber weder gut aus, noch rechnet sich der Aufwand bei kleineren bis mittleren Veranstaltungen“, sagt Lampe. Da es schlicht keine Alternativen am Markt gab, erwachte der Erfinder in Lampe. Er schnappte sich eine handelsübliche Thermostasche für Getränke, schnitt kurzerhand ein Loch hinein und steckte den Lieblingsföhn seiner Frau hindurch. Der Praxistest mit einer Ladung Teller ergab: Teller warm, Föhn kaputt. Obwohl er sich damit den Unmut seiner Frau zuzog, feuerte das zumindest vom funktionalen Standpunkt aus positive Ergebnis nun richtig den Ehrgeiz des Gastronomen an.
Erfinder mit Kochlöffel
Lampe wusste, dass er spätestens jetzt professionelle Hilfe brauchte, und trat an ein Ingenieurbüro heran. „Ich bin nun einmal Koch und kein Ingenieur“, kommentiert er diesen Schritt. Eine gangbare Lösung zu finden, war trotzdem eine mühsame Angelegenheit, ein Plan nach dem anderen wanderte in den Papierkorb. „In meiner Garage türmen sich die verworfenen Prototypen“, berichtet Lampe schmunzelnd. Nach frustrierenden Monaten des Wartens stand endlich ein vielversprechender Entwurf auf dem Papier, der gar nicht so weit von Lampes Föhnvariante weg war: ein tellerförmiges Heißluftgebläse, das die Teller unterhalb einer isolierten Haube erwärmt. „Meister Lampes Warmer Teller“ war geboren. Es galt allerdings, diverse Kinderkrankheiten auszubügeln.
Der zunächst verbaute Ventilator zur Wärmeverteilung tat etwa einfach nicht so, wie er sollte. Lampes Entwicklungsteam wandte sich an Wolf-Jürgen Weber, der ebm-papst in der Region vertritt. „Mit unserer Erfahrung konnten wir Herrn Lampe schnelle Unterstützung bieten“, sagt er. Der passende Lüfter war rasch gefunden und die Luftführung unterhalb der Haube optimiert. Besonders im Gedächtnis geblieben sind Weber dabei die pragmatischen Tests, um die optimale Anzahl der Lüftungslöcher in der Wärmehaube auszuloten: „Wir haben damals einfach viele Löcher gestanzt, eines nach dem anderen zugeklebt und dann den Teller-Wärmetest per Handauflegen gemacht.“ Trotz solcher improvisierten Teststände ist ein richtiges kleines Hightechgerät entstanden: Das Gehäuse des Gebläses besteht aus einem speziellen, glasfaserverstärkten Kunststoff und ein Sensorchip misst stets die Temperatur, um die Heizung rechtzeitig abschalten zu können. Und so ergibt die Kombination eines flachen Geräts und einer flexiblen Haube eine Lösung, die einfach tragbar ist – in einer Umhängetasche.
Odyssee zur Serienfertigung
Bei seiner offiziellen Vorstellung auf einer renommierten Gastronomiemesse erntete der „Warme Teller“ zwar nur Lob, Produktion und Vertrieb waren trotzdem noch nicht in trockenen Tüchern. Lampe und sein – mittlerweile auf einige handverlesene Mitarbeiter angewachsenes – Team packten nach erfolgloser Suche nach einem geeigneten Partner das Projekt Serienfertigung selbst an. Mit der TÜV-Zertifizierung mussten sie nebenher eine enorme Hürde nehmen, die einiges Hin und Her erforderte. Für die Serienfertigung selbst fand Lampe einen eher ungewöhnlichen Weg: Anstatt einen x-beliebigen Lohnfertiger anzuheuern, lässt er alle Einzelteile – inklusive Lüfter – nach Köln zum Alexianerbund liefern. Dort werden die Tellerwärmer in einer Behindertenwerkstatt zusammengesetzt.
Mittlerweile sind von dort aus bereits mehrere tausend Tellerwärmer ausgeliefert worden. Um so viele Kunden zu gewinnen, war viel Laufarbeit und – im wahrsten Sinne des Wortes – Kaltakquise notwendig. Die Belohnung: Mittlerweile kommt der Tellerwärmer nicht nur in großen Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz, auch Sterneköche oder TV-Einsatztruppen setzen auf „Meister Lampes Warmen Teller“. Der Clou am Rande: Der Caterer kann auf der Wärmehaube sein Logo aufsticken lassen und wird so den Gästen dank Dietrich Lampes Erfindung sicher in guter Erinnerung bleiben. Dietrich Lampe ist die Zufriedenheit über diesen Erfolg deutlich anzumerken und auch seine Frau hat ihm mittlerweile den kaputten Föhn verziehen – zur Silberhochzeit gab es kürzlich schließlich auch einen neuen.
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