Seit dem 1. April 2023 widmet sich bei ebm-papst eine neu geschaffene Nachhaltigkeitsabteilung ausschließlich diesem Thema – und treibt es voran. Was das konkret bedeutet und welche Ziele das Unternehmen verfolgt, beantworten CFO Hans Peter Fuchs und der ESG-Verantwortliche Klaus Wittmann.

ebm-papst verweist beim Thema Nachhaltigkeit auf eine lange Tradition. Was ändert sich denn jetzt?
Hans Peter Fuchs: Ja, Nachhaltigkeit ist Teil unserer DNA. Seit der Firmengründung steht die Effizienzsteigerung von Produkten im Zentrum. Beim Neubau in Hollenbach haben wir bereits Mitte der 2000er-Jahre auf grüne Technologien und CO₂-Einsparungen gesetzt. Unsere Azubis fahnden seit 2010 als Energiescouts nach Energiefressern in der Produktion – ein Modell, das sich inzwischen viele Unternehmen zum Vorbild genommen haben. Nicht ohne Grund haben wir für all unsere Bemühungen 2013 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen. Unser ganzes Denken und Tun ist geprägt davon. Aber die Rahmenbedingungen haben sich seit dem Pariser Klimaabkommen und dem Green Deal der EU für alle Unternehmen drastisch verändert: Aus der intrinsischen Motivation ist eine rechtliche Verpflichtung geworden, die wir erfüllen müssen – und wollen!

Nachhaltigkeit ist Teil unserer DNA. Seit der Firmengründung steht die Effizienzsteigerung von Produkten im Zentrum.
Hans Peter Fuchs, CFO
Klaus Wittmann: Die Anforderungen lauten jetzt: harte Zahlen, Daten, Fakten. Alles, was wir tun, ist auch überprüfbar! Dafür braucht es agile Strukturen und ein ambitioniertes Team. Mit der neuen ESG (Environmental, Social and Governance)-Abteilung gelingt es uns, die Fäden weltweit zusammenzuführen und gemeinsam mit allen Standorten zusammenzuarbeiten. Geändert hat sich auch das Verständnis des Begriffs: Bislang wurde Nachhaltigkeit häufig mit Klima- oder Umweltschutz gleichgesetzt. Nachhaltigkeit ist aber ein ganzheitliches Konzept, das neben der Umwelt auch soziale Aspekte und verantwortungsbewusste Unternehmensführung beinhaltet. Das gehen wir jetzt systematisch an.
Lassen Sie uns trotzdem zunächst über Klimaziele sprechen: CEO Klaus Geißdörfer hat zum Amtsantritt gesagt, ebm-papst müsse schneller klimaneutral werden. Wie schnell können Sie das denn sein?
Wittmann: Wir wollen 2025 klimaneutral in Scope 1 und 2 sein. An erster Stelle steht für uns die Vermeidung von Emissionen. Unser Augenmerk liegt darauf, Energieeffizienzprojekte weiter voranzutreiben. Ich denke dabei an Einsparpotenziale im Gebäudemanagement, bei Maschinen und unseren Produktionsprozessen. Die zweite Maßnahme ist die Investition in erneuerbaren Energien für den Eigenbedarf. Wir werden überall dort Photovoltaikanlagen und regenerative Energien ausbauen oder neu installieren, wo es technisch sinnvoll ist. Dies entlastet auch die Stromnetze und kann einen guten Teil unseres Strombedarfs decken. Ein dritter Schritt wird sein, den eingekauften Strom möglichst rasch auf grünen Strom umzustellen. Durch den Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien bis Ende 2023 wird es uns gelingen, in Deutschland, China, USA und vier weiteren Ländern ca. 60 Prozent unserer gesamten CO₂-Emissionen zu vermeiden. Überall dort, wo es technisch nicht möglich ist, Emissionen zu vermeiden oder zu reduzieren, nutzen wir Kompensationszertifikate und unterstützen langfristige Klimaschutzprojekte.
Wie betrifft das die eigenen, in der Regel sehr energieeffizienten Produkte?
Fuchs: Der Großteil unserer Produkte ist so effizient, dass sie vergleichsweise wenig Energie verbrauchen. Wir werden sie noch effizienter machen und noch stärker digitalisieren, um noch mehr einsparen zu können. Aber sie werden dennoch per se weiter Energie verbrauchen, auch weil sie oft Jahrzehnte im Einsatz sind. Für Scope 3 müssen wir daher auch langfristig betrachten, mit welchem Strommix unsere Produkte in der Anwendung betrieben werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei uns jetzt stärker berücksichtigt wird, ist das Thema Kreislaufwirtschaft. Das stand in der Vergangenheit nicht im Fokus. Auch hier braucht es ein starkes Umdenken. Denn das betrifft auf der Entwicklungsseite die Konstruktion eines Produkts, damit es sich wieder auseinanderbauen lässt. Und dann ist da die Frage der Rückverweisung, also, wie bringe ich diese Rohmaterialien wieder in den Kreislauf. Wir werden auch darüber nachdenken, wie dazu passende Geschäftsmodelle aussehen.

Wir müssen künftig ganzheitlicher denken und die Themen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung gemeinsam stets im Blick haben.
Klaus Wittmann, ESG-Verantwortlicher
Worin sehen Sie die größte Herausforderung auf diesem nachhaltigen Weg?
Wittmann: Für mich ist das der Kulturwandel, der damit einhergeht. Wir müssen künftig ganzheitlicher denken und die Themen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung gemeinsam stets im Blick haben. Das betrifft nicht nur die, die den Hut aufhaben, sondern alle Mitarbeitenden. Denn alle tragen ihren Teil zu diesem Wandel bei und sind Botschafter:innen nach außen.
Fuchs: Wir sollten so weit kommen, dass das ein fast schon unterbewusster Impuls wird: Ist die Entscheidung, die ich heute treffe, auch eine nachhaltige – für das Klima und das Unternehmen?
Ihre Kunden fragen sich: Welche Auswirkungen hat dieser Nachhaltigkeitsansatz von ebm-papst für mich?
Wittmann: Hier sehe ich vor allem mehr Partnerschaft. Ohne eine stärkere Zusammenarbeit und Vernetzung in der gesamten Lieferkette wird es nicht gehen. Auch unter den sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit wird das die Zusammenarbeit zusätzlich positiv verändern. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet für mich „gemeinsam in die Zukunft schauen“. Beim Thema Klima ist es so, dass eine signifikante Verbesserung – vor allem im Scope 3 – nur partnerschaftlich über die Lieferkette und mit den Kunden möglich ist. Eine enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten, um die Lieferkette zu analysieren, ist entscheidend für den Erfolg. Eine Reduzierung der Emissionen in der Produktnutzungsphase ist nur möglich, wenn wir verstärkt mit unseren Kunden zusammenarbeiten und darüber hinaus Daten gewinnen, wie und wo unsere Produkte eingesetzt werden.
Fuchs: Wir sehen Nachhaltigkeit als Investition in die Zukunft. Man muss auch verstehen: Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir im Sinne der Nachhaltigkeit unterwegs sind! Sie sind denselben Verpflichtungen unterworfen und wir können dazu beitragen, dass ihr CO2-Fußabdruck geringer wird. Um klimaneutral zu werden, müssen wir die gesamte Wertschöpfungskette betrachten und immer besser werden. Und das geht nur, wenn wir unsere Kunden mit an Bord haben.

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