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„Die Venti­la­toren-Verord­nung funk­tio­niert!“

Geoff Lock­wood hat an der Entwick­lung der ErP-Richt­linie von Beginn an mitge­wirkt. Er warnt, dass deren Erfolge nun auf der Kippe stünden.


Wie kam es zu Ihrer Betei­li­gung am ErP-Prozess?

2005 wurde ich zum Vorsit­zenden der Verei­ni­gung der Venti­la­to­ren­her­steller, der Fan Manu­fac­tu­rers Asso­cia­tion, ernannt. Im Jahr darauf wurde die Los-11-Studie auf den Weg gebracht, aus der schließ­lich die Verord­nung über ener­gie­ver­brauchs­re­le­vante Produkte (ErP) hervor­ging, die auch Venti­la­toren betrifft. Im Februar 2011 gelang es der Venti­la­toren-Branche in Europa, mit einer Stimme zu spre­chen: Inner­halb der euro­päi­schen Dach­or­ga­ni­sa­tion EVIA (Euro­pean Venti­la­tion Industry Asso­cia­tion) wurde die soge­nannte Arbeits­gruppe Venti­la­toren gegründet – unmit­telbar vor der Veröf­fent­li­chung der Verord­nung 327/2011 im März 2011.

Worum geht es beim Thema ErP?

Die „Verord­nung 327/2011 im Hinblick auf die Fest­le­gung von Anfor­de­rungen an die umwelt­ge­rechte Gestal­tung von Venti­la­toren, die durch Motoren mit einer elek­tri­schen Eingangs­leis­tung zwischen 125 W und 500 kW ange­trieben werden“ wurde am 6. April 2011 im Amts­blatt der Euro­päi­schen Union veröf­fent­licht. Es gab einige Probleme, aber sie zeigte Wirkung: Schät­zungen zufolge sind seit 2012 als Folge der Verord­nung 46.800 GWh Energie bezie­hungs­weise 21,5 Mt CO2 einge­spart worden.

Schät­zungen zufolge sind seit 2012 als Folge der Verord­nung 21,5 Mt CO2 einge­spart worden.

Zu welcher Art von Problemen kam es im Zuge der Verord­nung?

Davor gab es keine Normen zur Fest­le­gung von Ener­gie­ef­fi­zienz-Grenz­werten. Da die Venti­la­toren-Branche jedoch unbe­darft und nicht geschlossen auftrat, sind Rechts­vor­schriften entstanden, die unklar formu­liert sind und unnö­tige Ausschlüsse beinhalten. Es exis­tiert eine Ausnahme dahin­ge­hend, dass in der Verord­nung ein wich­tiger Aspekt enthalten ist, der in der Studien- und Entwurfs­phase heftig disku­tiert und auf den intensiv Einfluss genommen wurde: Nämlich dass in den Geltungs­be­reich auch Venti­la­toren fallen, „die in andere ener­gie­ver­brauchs­re­le­vante Produkte einge­baut sind“.

Warum ist dieser Aspekt so umstritten?

Geoff Lock­wood ist Tech­nical Director bei ebm-papst UK Ltd. und Vorsit­zender der Fan Working Group bei der Euro­pean Venti­la­tion Industry Asso­cia­tion (EVIA).

Inte­grierte Venti­la­toren sind Kompo­nenten, die in andere Produkte, zum Beispiel in Lüftungs­ein­heiten, Kühl- oder Klima­an­lagen, einge­baut sind. Die Gegner führen ins Feld, dass diese kaska­die­rende oder doppelte Regu­lie­rung von Teilen und Produkten ihre Entwick­lungs­tä­tig­keit unnötig belastet, ohne dass dadurch ein Nutzen entstünde. Sie argu­men­tieren, effi­zi­ente Kompo­nenten bedeu­teten nicht zwangs­läufig, dass auch die Produkte effi­zient sind.

Ihrer Meinung nach ließe sich dies eindeu­tiger regeln: durch eine Regu­lie­rung von Venti­la­toren aus dem Katalog. „Maßge­schnei­derte“ Venti­la­toren hingegen sollten keiner Rege­lung unter­worfen sein. Maßge­schnei­dert bezeichnet dabei einen Venti­lator, der sich von einem Venti­lator aus dem Katalog unter­scheidet. Aber schon durch eine rosa­far­bene Lackie­rung würde ein Venti­lator als maßge­schnei­dert gelten – ein Schlupf­loch zur Umge­hung der Vorschriften.

Und welche Posi­tion vertritt die Venti­la­toren-Branche?

Inte­grierte Venti­la­toren von der Verord­nung auszu­nehmen, wäre gleich­be­deu­tend mit der Möglich­keit, die Pflicht zur Einhal­tung der Vorschriften zu umgehen. Es würde Verwir­rung stiften und zu Paral­lel­ent­wick­lungen bei Produkten führen. Zum Beispiel indem eine effi­zi­ente Bauform entwi­ckelt wird, wenn davon auszu­gehen ist, dass der betref­fende Venti­lator unter die Verord­nung fällt, und eine weniger effi­zi­ente Bauform, die in andere ener­gie­ver­brauchs­re­le­vante Produkte einge­baut wird.

Was würde passieren, wenn inte­grierte Venti­la­toren dennoch ausge­nommen würden?

Ein Groß­teil der genannten Einspa­rungen ist auf Venti­la­toren zurück­zu­führen, die in andere ener­gie­ver­brauchs­re­le­vante Produkte einge­baut sind. In einigen Indus­trie­zweigen sind über 90 Prozent der Venti­la­toren, die in Verkehr gebracht werden, in andere ener­gie­ver­brauchs­re­le­vante Produkte einge­baut. Eine Ände­rung des Geltungs­be­reichs dahin, dass inte­grierte Venti­la­toren nicht unter die Verord­nung fallen, wäre ein Schritt zurück zur Situa­tion im Jahr 2012 und gleich­be­deu­tend mit einem höheren Ener­gie­ver­brauch, dem Wegfall von Inves­ti­tionen, dem Verlust von Arbeits­plätzen und der Rück­kehr zu alten, inef­fi­zi­enten Anlagen.

Eine Ände­rung wäre ein Schritt zurück zur Situa­tion im Jahr 2012: mit höherem Ener­gie­ver­brauch, dem Wegfall von Inves­ti­tionen, dem Verlust von Arbeits­plätzen.

Wie ist der Prozess auf EU-Ebene gestaltet, um diese Themen zu disku­tieren?

Die Über­prü­fung von Rechts­vor­schriften ist rechts­ver­bind­lich vorge­schrieben. Für die Verord­nung 327/2011 erfolgte diese Über­prü­fung von April 2014 bis zum Konsul­ta­ti­ons­forum im April 2015. Es gelten dabei bestimmte spezi­fi­sche Vorgaben, darunter die Unter­su­chung der Frage einer Erhö­hung der unteren Ener­gie­ef­fi­zienz-Grenz­werte. Im Forum kommen die Mitglied­staaten, NGOs und andere Inter­es­sen­ver­treter zusammen, um über eine über­ar­bei­tete Fassung zu beraten, die der Refe­rent der Gene­ral­di­rek­tion (GD) Energie als Vorschlag vorlegt. Der Prozess wirkte sich positiv aus: Viele Ände­rungen im Zuge dieser Über­ar­bei­tung entstanden auf Initia­tive der Venti­la­toren-Branche.

Derzeit beob­achten Sie die nächste Über­prü­fung …

Ja, die nächste Über­prü­fungs­runde hat begonnen. Für die Verord­nung 327/2011 und deren Über­prü­fung ist bei der GD Energie nun ein neuer Refe­rent zuständig. Das hat zum Teil alte Themen noch einmal auf den Tisch gebracht, da der Refe­rent die alten Unter­lagen erneut durch­ge­gangen ist. Die Venti­la­toren-Branche war jedoch gut gerüstet: Die Arbeits­gruppe Venti­la­toren der EVIA hatte Antworten auf alle Fragen und konnte den Druck, der von den Gruppen ausging, die sich gegen eine kaska­die­rende Regu­lie­rung und für den Ausschluss einge­bauter Venti­la­toren einsetzen, ausglei­chen.

Wie ist es ausge­gangen?

Im Juni 2018 hat der Ausschuss für Regu­lie­rungs­kon­trolle (RSB) die Über­prü­fung vorerst negativ bewertet. Die Ableh­nung stützte sich auf zwei Punkte: unzu­rei­chende Nach­weise der Auswir­kungen, die darin in Bezug auf große Venti­la­toren mit über 100 kW Leis­tung genannt sind, und der Auswir­kung für die Hersteller von Produkten, in die einen Venti­lator einge­baut sind.

Beson­ders beun­ru­hi­gend ist, dass ein Groß­teil der bereits erzielten Verrin­ge­rung auf Venti­la­toren zurück­zu­führen ist, die in andere Produkte einge­baut sind.

Folgendes ist beson­ders beun­ru­hi­gend: Mit der Ökode­sign-Verord­nung wird das Ziel verfolgt, die Auswir­kung unseres Handelns auf unsere Umwelt zu verrin­gern. Und ein Groß­teil der bereits erzielten Verrin­ge­rung ist auf Venti­la­toren zurück­zu­führen, die in andere Produkte einge­baut sind! Bliebe es bei der nega­tiven Bewer­tung, würden wir auf den Stand von 2012 zurück­fallen.

In welcher Form werden Sie weiter­ma­chen?

Es ist noch nicht vorbei. Die Venti­la­toren-Branche wird über den Refe­renten eine prag­ma­ti­sche Antwort finden. Der Refe­rent beab­sich­tigt eine erneute Eingabe beim RSB im Herbst, gestützt auf weitere Nach­weise seitens der Inter­es­sen­ver­treter. Es bleibt zu hoffen, dass die tatsäch­liche Lage erkannt und der ursprüng­liche Geltungs­be­reich beibe­halten wird, um die Folgen für unsere Umwelt einzu­dämmen.

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