Die auffälligste und unter Fans wie Rennställen umstrittenste Regeländerung für die Formel-1-Saison 2018 ist das Cockpit-Surrounding, der sogenannte Halo. Ziel des Bügels ist es, die Fahrer vor herumfliegenden Teilen zu schützen. Doch nicht wenige Stimmen kritisieren, dass diese Schutzmaßnahme die sportliche Erscheinung des Rennwagens verunstalte. Dessen ist sich auch James Allison, der technische Direktor von Mercedes-AMG Petronas Motorsport, bewusst. „Wir haben die Aufgabe, die Sicherheit des Fahrers zu verbessern, aber auch den klaren Wunsch nach Fahrzeugen, deren Ästhetik unser Herz höherschlagen lässt. Deshalb werden wir dieses Konzept in den kommenden Rennzeiten weiterentwickeln.“
Robust – und schwer
Der Halo ist sehr robust und muss Kräfte von bis zu 116 Kilonewton aus verschiedenen Richtungen abfangen können. Deshalb wiegt der Rahmen aus Titanium auch mehrere Kilo. „Wir mussten das Design des Chassis verstärken, damit es ungefähr das Gewicht eines Londoner Doppeldeckerbusses aufnehmen kann“, erklärt Allison. Daher war es für das Team eine echte Herausforderung, unterhalb des Gewichtlimits zu bleiben.
Turbulenzen an der Heckflosse
Auch auf die Aerodynamik des Boliden hat das runde Standardrohr des Halos negative Auswirkungen. Insbesondere beeinflussen die Turbulenzen die Luftansaugung des Motors am Überrollbügel und die Heckflosse. Für die erste Saison mit dem Halo gab es von der FIA nur wenig Raum für Veränderungen. „Wir dürfen jedoch eine aerodynamische Verkleidung anbringen“, sagt Allison. „Das gibt uns einen gewissen Spielraum, den Effekt abzumildern, den der Halo auf die Aerodynamik des Fahrzeugs hat.“
Schutzgitter: der Halo für Ventilatoren
Diese Optimierungsproblematik kennen auch die Ingenieure von ebm-papst in Mulfingen. Schließlich muss der Endnutzer auch bei Ventilatoren dafür sorgen, dass sie keine Gefährdung darstellen. Oft wird deshalb vor oder hinter dem Ventilator ein Schutzgitter angebracht – in manchen Fällen auch an beiden Seiten.
Schlecht für Wirkungsgrad und Geräusch
Diese Schutzmaßnahmen beeinflussen jedoch die Strömung negativ. „Es entstehen Reibungs- und Druckwiderstand“, erläutert Dr. Jürgen Schöne, Hauptabteilungsleiter Strömungstechnik bei ebm-papst in Mulfingen. „Beide Widerstände sorgen dafür, dass der Ventilator mehr Energie für die gleiche Luftleistung aufnehmen muss, als ohne Schutzmaßnahme.“ Doch nicht nur der Wirkungsgrad des Ventilators leidet, sondern auch das Geräusch.
Verluste reduzieren
Das liegt daran, dass hinter dem Schutzgitter eine gestörte Strömung erzeugt wird. Beim Schutzgitter vor dem Ventilator ist der Effekt besonders groß, da sich die Ventilatorenflügel durch diese Störungen drehen und dann am Flügel zusätzliche Geräusche entstehen. „Gerade das saugseitige Schutzgitter muss man sehr sorgfältig betrachten – da kann man viel falsch machen“, betont Schöne. „In den vergangenen Jahren haben wir verstärkt Maßnahmen entwickelt, um Zusatzverluste und -geräusche zu reduzieren: Wir betrachten dabei unter anderem die Gitterdetails und die Flügelgeometrien.“
Zwei Fliegen mit einem Gitter: das FlowGrid
Eine besonders innovative Lösung für das Problem mit dem Schutzgitter bietet ebm-papst mit dem FlowGrid. Ursprünglich wurde dieses Vorleitgitter dafür entwickelt, die Auswirkungen gestörter Zuströmungen zu minimieren, die unabhängig von Schutzmaßnahmen entstehen, zum Beispiel durch einen Wärmetauscher. „Wir nutzen das FlowGrid inzwischen aber auch dazu, gleichzeitig die Schutzmaßnahme zu realisieren.“ Allerdings sind dieser Funktion noch Grenzen gesetzt: Das FlowGrid ist aus Kunststoff, und der kann nur bis zur Baugröße 250 die geforderte mechanische Festigkeit gewährleisten.
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