Was bedeutet nachhaltiges Wachstum für Sie?
Ganz kurz: Dass unsere Kinder und Enkelkinder dieselben Freiheitsgrade haben werden wie wir. Deshalb dürfen wir nicht auf ihre Kosten leben. Das betrifft die Staatshaushalte genauso wie die Emission von klimaschädlichen Treibhausgasen.
Warum bewegt Sie das Thema Nachhaltigkeit persönlich so sehr?
Weil ich selbst Enkelkinder habe und möchte, dass sie in einer Welt aufwachsen, die ihnen Chancen und Freiheit bietet. Und weil ich weiß, dass das nur möglich ist, wenn auch die Enkelkinder einer Bäuerin in Malawi diese Chancen haben. An der Frage der Nachhaltigkeit entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, aber auch des gesamten Planeten.
Sie wurden vor einiger Zeit von Ban Ki-moon gebeten, Ihr Know-how in einer UN-Arbeitsgruppe einzubringen. Was war dort Ihre Aufgabe?
Ich habe zusammen mit 26 anderen Persönlichkeiten aus der ganzen Welt im „High-level Panel on the Post-2015 Development Agenda“ an der Frage gearbeitet, welche Ziele sich die Weltgemeinschaft bis ins Jahr 2030 setzen soll. Im Mittelpunkt standen die beiden riesigen Herausforderungen, einerseits die extreme Armut zu beenden und andererseits die natürlichen Lebensgrundlagen des Planeten zu erhalten. Wir waren uns einig, dass das tief greifende Veränderungen in der Wirtschaftsweise der Unternehmen und dem Konsumverhalten der Menschen voraussetzt. Die Industrieländer müssen hier mit technischer Innovation und politischem Ehrgeiz vorangehen.
„Unsere Wirtschaft ist viel zu abhängig von billigen fossilen Energien.“
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen auf dem Weg zu nachhaltigem Wachstum?
Unsere Wirtschaft ist viel zu abhängig von billigen fossilen Energien. Wenn wir uns aus dieser Abhängigkeit nicht lösen, dann wird eine massive Erderwärmung mit gefährlichen Folgen für die ganze Menschheit nicht abzuwenden sein. Und ich mache mir aktuell durchaus Sorgen, ob das plötzlich wieder billige Öl uns nicht in unseren Anstrengungen zurückwirft. Deshalb glaube ich: Die Zeit ist reif für eine weltweite Steuer auf Treibhausgase.
Gibt es auch schon Fortschritte auf diesem Gebiet?
Das Bewusstsein der Menschen für die globalen Zusammenhänge ist gestiegen, da hilft sicherlich auch das Internet. Und immer mehr Unternehmen erkennen, dass Fragen der Nachhaltigkeit kein „Nice-to-have“ sind, sondern im Kern des Eigeninteresses der Firma liegen. Natürlich ist es ein steiniger Weg von der Erkenntnis in die Praxis, doch Mut machende Beispiele gibt es zuhauf – man schaue nur auf die Innovationen von ebm-papst.
Gibt es Dinge, die jeder Einzelne tun kann?
Unser gesamter Alltag ist durchzogen von Entscheidungen, die einen Einfluss auf die globale Entwicklung haben: Auto oder Bahn? Fleisch oder Gemüse? Glühbirne oder LED? Jeder kann seinen Sinn dafür schärfen, wie unser Konsumverhalten zu einer Welt beiträgt, die ein Leben in Würde für alle ermöglicht und in der es auch unserem Planeten gut geht.
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