Ausgestattet mit modernster Technologie setzt das über 13.000 Quadratmeter große Werk Maßstäbe – auch bei der Energieeffizienz. Geschäftsführer Thomas Wagner erläutert das Konzept des jüngsten Standortes von ebm-papst.
Herr Wagner, weshalb steht dieses Werk hier in Mulfingen-Hollenbach und nicht in Shanghai, Chennai oder einem anderen Billiglohn-Standort?
Thomas Wagner: Weil alle unsere Daten für den Standort Hollenbach sprechen. Die Kälte- und Klimatechnik, für die wir hier fertigen, ist ein vorwiegend europäisches Business mit einem hohen Anteil Projektgeschäft, und da kommt es nicht zuletzt auf Lieferfähigkeit und -geschwindigkeit an. Wir können einen Kunden in Wien, Offenbach oder Sheffield nicht aus China beliefern. Das dauert mit Lieferzeiten von acht bis zwölf Wochen viel zu lange.
Was spricht außer der geografischen Nähe zu den Märkten noch für den Standort Deutschland beziehungsweise für Hollenbach?
Wagner: Zum Beispiel darf man bei der Betrachtung der Kosten die Logistik nicht vergessen: Das Verschiffen eines großen EC-Ventilators kostet gut 50 Dollar! Viel wichtiger ist aber, dass wir hier Hightech-Produkte fertigen, die ein passendes Entwicklungs- und Produktionsumfeld benötigen. Und das haben wir in Hollenbach: hoch qualifizierte, erfahrene Mitarbeiter, bewährte Beziehungen zu Lieferanten, kurze Wege. Alle am Produkt Beteiligten sind nah dran und können ihre Beiträge unmittelbar liefern. Wenn es ein Problem gibt, habe ich in 15 Minuten alle verantwortlichen Kollegen am Tisch. Einfache Me-too-Artikel können wir problemlos im preiswerten Ausland fertigen, Premiumprodukte aber fertigen wir hier, bei uns auf der grünen Hollenbacher Wiese. Dafür sprechen rationale Argumente wie die genannten, aber natürlich auch unsere enge Verbundenheit mit der Region.
Das Werk Hollenbach steht nicht nur auf der grünen Wiese, sondern hat auch viel grüne Technologie eingebaut. Worauf sind Sie besonders stolz?
Wagner: Stolz sein können zunächst die Planer und Fachleute der unterschiedlichsten Gewerke. Sie haben es in einer herausragenden Teamleistung geschafft, dieses Werk in nur sechs Monaten komplett durchzuplanen und in weiteren sechs Monaten zu bauen. Wesentlich für den Erfolg in Hollenbach ist das eigene Klimatechnik-Know-how. Es ermöglicht jährlich 300 Tonnen CO2-Einsparung und reduziert die Klimatisierungskosten
Wagner:In dem neuen Werk wurde eine Reihe von Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt. Neben einer Photovoltaikanlage und der konsequenten Verwendung von Komponenten der höchsten Energieeffizienz ist in erster Linie die intelligente Nutzung der Abwärme zu nennen. Wir erreichen so einen Primärenergieverbrauch, der 80 Prozent unter dem Anforderungswert der Energieeinsparverordnung für Neubauten liegt.
Wie haben Sie es geschafft, diesen Wert zu erreichen?
Wagner: Bei Industriegebäuden wird neben dem Energiebedarf für die Heizung unter anderem auch der Bedarf für Kühlung und Lüftung bewertet. Mit unserer Technologie haben wir dabei einen Heimvorteil. Wir fertigen hier ja energiesparende EC-Ventilatoren, und die stecken natürlich auch in unserer eigenen Lüftung und Kühlung. Wir sind also sowohl bei der Effizienz des Werkes als auch bei den hier gefertigten Produkten im grünen Bereich.
Wo liegt denn bei Industriegebäuden der grüne Bereich? Können Sie konkrete Zahlen nennen?
Wagner: Der Primärenergieverbrauch des gesamten Werkes beträgt rund 210.000 kWh pro Jahr. Normal, also dem üblichen Stand der Technik entsprechend, wären gut eine Million kWh. Wir ersparen der Umwelt damit über 300 Tonnen CO2 pro Jahr – eine Einsparung von 75.000 Euro bei den jährlichen Betriebskosten für Heizung, Lüftung und Kühlung. Um diese Werte zu erreichen, haben wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen umgesetzt. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach liefert bis zu 153 Kilowatt. Zur Unterstützung der Heizung nutzen wir die Temperaturschichtung in den Hallen. Diese Temperaturschichtung wird durch Verdrängungslüftung gezielt herbeigeführt. Wir führen die warme Luft, die sich insbesondere im Produktionsbereich in den höheren Schichten sammelt, über ein Verteilsystem hinüber in die kühleren Bereiche, wie etwa das Lager oder den Versand. Erwähnenswert ist auch noch das Sprinklerbecken, das wir als Wärmespeicher nutzen.
Sie nutzen Löschwasser als Wärmespeicher?
Wagner: Ja, aufgrund der Größe und Konstruktion der Halle waren wir gezwungen, eine Sprinkleranlage mit entsprechendem Wasserreservoir einzubauen. Im Keller des Gebäudes befindet sich daher ein Betontank mit über einer Million Liter Löschwasser. Dieses Wasser nutzen wir als Wärmespeicher, etwa für die Abwärme der Kompressoranlage, der wiederum einer Wärmepumpe als Wärmequelle dient. Die Wärmepumpe wird im Sommer als Kältemaschine zur Kühlung benutzt.
ebm-papst hat rund 15 Millionen Euro in dieses Werk investiert. Welche unternehmerischen Ziele stehen dahinter?
Wagner: Die Planung für den Neubau begann im Sommer 2006. Nach der Trennung von unserem Vertriebspartner für große Ventilatoren haben wir diese Produkte zunächst in unserem Werk Mulfingen mitproduziert. Mulfingen war aber nie auf diese Produkte ausgelegt, schon die schiere Größe der Ventilatoren mit einem Durchmesser von bis zu einem Meter machten Probleme. Wir stießen damals buchstäblich an unsere räumlichen Grenzen. Mit dem Neubau hatten wir die Chance, das Werk quasi um die Fertigung herum zu bauen und damit eine optimal auf diese Ventilatoren abgestimmte Produktion aufzubauen. Insbesondere bei den EC-Ventilatoren sehen wir ausgezeichnete Perspektiven, die Fertigung ist derzeit auf etwa 800.000 Stück im Jahr ausgelegt. Sollte das nicht mehr ausreichen, haben wir noch genügend Platz für Erweiterungen. Auch hier ist also alles im grünen Bereich.
Das neue Werk Hollenbach:
- Spatenstich: 16. April 2007
- Start Umzug: November 2007
- Mitarbeiter: ca. 150
- Investitionen: ca. 15 Mio. Euro
- Produktionsfläche: ca. 13.500 Quadratmeter
- Fertigungskapazität: 800.000 Ventilatoren
Klimatechnologie:
- Lüftung: 13 Geräte mit EC-Motoren
- Heizungs- und Kühlpumpen mit der höchsten Effizienzklasse
- Heizung mit Verdrängungslüftung
- Sprinklerbecken als Wärmepuffer: 1.100.000 Liter
- Photovoltaik: 153 kW
- Primärenergieverbrauch: 210.000 kWh/a (ca. 1/5 des Standardverbrauchs)
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