Wenn von Datacentern die Rede ist, denkt man an ausgedehnte Räume, in denen große graue Kästen in langen Reihen Daten verarbeiten und so das Rückgrat unserer digitalen Gesellschaft bilden. Dabei verringerte sich die tatsächlich genutzte Fläche der Räume in den vergangenen Jahren: Die Hardware wird immer kompakter und die Server werden virtuell. Übrig bleiben große Räume mit viel Platz, in denen immense Luftmengen umgewälzt und klimatisiert werden – unnötiger Energieverbrauch.
„Genau dieser Umstand war für uns der Anlass, über eine Alternative zu herkömmlichen Rechenzentren in großen Räumen nachzudenken“, erklärt Erwin Gasser, CEO beim Schweizer Unternehmen Ergatec. Das Ergebnis der Überlegungen ist der ValueShelter, ein zwei Meter breiter und zwei Meter hoher Container, der problemlos Platz für ein normiertes 19-Zoll-Rack bietet, in das aktive IT-Komponenten eingeschoben werden können.
Datenbox im Keller
Neben dem Schutz vor Diebstahl, Feuer, Vandalismus, Sabotage und anderen bedrohlichen Umwelteinflüssen war die optimale Klimatisierung eine der wesentlichen Herausforderungen bei der Entwicklung des kompakten Schutzraums. „Gerade bei Komponenten der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) ist es besonders wichtig, dass wir einen geschlossenen Kreislauf haben, in den von außen keine Luft mit korrosiven Partikeln eindringen kann“, so Gasser. Deshalb entwickelte er gemeinsam mit seinem Sohn Michael ein Klimamodul mit zwei getrennten Luftkreisläufen.
„Wir profitieren von der optimalen Energieaufnahme der Ventilatoren im Teillastbetrieb.“
Michael Gasser, IT-Construction Engineer, Ergatec AG
Ideale Bedingungen für den Einsatz im ValueShelter fanden sich bei einem Großkunden in Bern. Dieser wählte als Aufstellort für den sicheren Server gemeinsam mit Ergatec einen 160 Jahre alten Felsenkeller im Berner Stadtgebiet aus, in dem eine durchschnittliche Temperatur von zehn Grad Celsius und eine relative Luftfeuchtigkeit von rund 90 Prozent herrschen. Direkt in solch eine Umgebung würde wohl niemand seinen Arbeitsrechner stellen. Das spezielle Klimamodul des ValueShelters macht sich die feuchtkalte Umgebung jedoch für die Energiegewinnung zunutze, indem es die innere Energie der feuchten Luft in Kühlleistung umsetzt.
Geschlossener Kreislauf
Ventilatoren saugen im äußeren Kreislauf die Außenluft an und erzeugen damit Kaltwasser. Dieses wird im inneren Wärmetauscher zur Erzeugung von kühler Umluft für den inneren Klimakreislauf genutzt. Der innere Kreislauf ist dabei komplett von außen abgeschottet. Um das gesamte System so sparsam wie möglich zu halten, machte sich Ergatec zudem auf die Suche nach effizienten und kompakten Ventilatoren. Das Unternehmen fragte bei verschiedenen Herstellern passende Produkte an. „Von ebm-papst kam gleich ein Rückruf und der Wunsch, sich das Projekt genauer mit uns anzuschauen“, erzählt Michael Gasser. Also setzte er sich mit Daniel Spurgeon, Area Sales Manager bei der Schweizer ebm-papst AG, zusammen und sprach mit ihm die genauen Spezifikationen durch.
Klimamodul für feuchte Umgebungen
Außenluft mit einer tiefen Temperatur und einer hohen relativen Feuchtigkeit strömt durch den äußeren Teil des Klimamoduls in den ersten Wärmetauscher (Erhitzer) ein und wird von ebm-papst Ventilatoren an der Oberseite in den Raum zurückgeblasen. Auf diesem Weg wird Kühlwasser erzeugt. Dieses fließt durch den inneren Teil des Klimamoduls zum zweiten Wärmetauscher (Kühler) und kühlt dort die umgewälzte warme Umluft ab, die aus dem Inneren des ValueShelters kommt.
Spurgeon schlug vor, EC-Axialventilatoren mit gesichelten Flügeln zu nutzen. Dabei stellte sich heraus, dass es aufgrund der Einbausituation energetisch günstiger ist, statt jeweils einen Ventilator an jeder Ein- beziehungsweise Auslassstelle zwei Ventilatoren einzubauen. „Durch diese Redundanz und die damit verbundenen größeren Öffnungen müssen die einzelnen Ventilatoren weniger Druck aufbringen, was sich in einem niedrigeren Energiebedarf niederschlägt“, sagt Spurgeon. „Grundsätzlich könnte man dafür auch einen größeren Ventilator wählen, doch in der konkreten Einbausituation passten zwei kleinere Produkte besser.“
„In den kommenden Jahren wird die Nachfrage nach dem ValueShelter deutlich steigen.“
Erwin Gasser, CEO, Ergatec AG
Dank der guten Rahmenbedingungen im Felsenkeller und dank EC-Axial-Ventilator ist der ValueShelter besonders effizient. Die Wärmeabgabe der Hardwarekomponenten liegt bei 7.000 Watt. Dem gegenüber stehen lediglich 300 Watt, die benötigt werden, um die Klimatisierung des ICT-Equipments zu gewährleisten. Dieses Verhältnis zwischen Gesamtstromverbrauch und Stromverbrauch des ICT-Equipments ergibt einen sehr guten PUE-Wert* von 1,04. Dieser Wert lässt sich sogar noch weiter verbessern, wenn die Wärme, die im äußeren Wärmetauscher (Erhitzer) entsteht, weiterverwendet wird, indem eine Wärmepumpe oder ein Boiler angeschlossen wird.
Gerüstet für den Notfall
Um die Ausfallsicherheit der Klimatisierung zu gewährleisten, sind an jeden ValueShelter gleich zwei Klimamodule angedockt. „Während des Normalbetriebs betreiben wir beide Module je nach Bedarf. Dabei profitieren wir von der optimalen Energieaufnahme der Ventilatoren von ebm-papst im Teillastbetrieb“, sagt Michael Gasser. Falls ein Modul komplett ausfällt, übernimmt das andere zu 100 Prozent sofort dessen Aufgabe und der Betrieb geht ohne Unterbrechung weiter.
Auch gegen andere negative Einflüsse von außen ist der ValueShelter bestens gerüstet: Einzigartig für einen Server-Container dieser Größe ist der Brandschutz. Sobald es brennt, schottet sich der Container durch Brandschutzschieber gegen Hitze und korrosive Brandgase ab. Die Brandschutzschieber werden durch einen sogenannten Federrücklaufmotor geschlossen, der keinen Strom benötigt, um die Luftein- und -auslassöffnungen zu schließen. „Die Brandschutzschieber haben wir uns in der EU und den USA patentieren lassen, da ihre Entwicklung in dieser Größe die Voraussetzung dafür war, den ValueShelter überhaupt realisieren zu können“, erklärt Erwin Gasser.
Er ist stolz darauf, gemeinsam mit seinem Sohn bereits einige Ideen umgesetzt zu haben, die sich anfangs ungewöhnlich anhörten. Deshalb fällt seine Prognose für die Zukunft des ValueShelters positiv aus. „Vielleicht sind wir mit dem Produkt unserer Zeit noch etwas voraus. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren deutlich steigen wird. Dabei werden wir davon profitieren, dass Datenschutzgesetz, Datensicherheit und Energieeffizienz immer wichtiger werden.“
* Der PUE-Wert (PUE: Power Usage Effectiveness) berechnet sich aus dem Quotienten des Gesamtstromverbrauchs geteilt durch den Stromverbrauch des ICT-Equipments. Er gibt Auskunft darüber, wie effizient Energie in einem Rechenzentrum genutzt wird.
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Extra … congratulation!
Sehr geehrter Herr Gasser,
vielen Dank, das freut uns!
Ihr mag°-Team