© Gernot Walter

Nicht von Pappe!

Schwarze Paket­bänder sind für uns zur Selbst­ver­ständ­lich­keit geworden. Dem Entwick­lungs­team der Mosca GmbH verlangen sie aber ständig krea­tive Lösungen ab. Para­de­bei­spiel ist das Antriebs­system des neuen Flagg­schiffs zur Well­papp­um­rei­fung.


Der Post­mann klin­gelt und über­reicht das Paket. Schwups sind die schwarzen Kunst­stoff­bänder mit der Schere durch­trennt und landen im Müll. Diese Bänder sind so alltäg­lich, dass sie uns nicht mehr weiter auffallen. Dabei gibt es bei der Umrei­fung — so der Fach­be­griff — von Produkten zahl­reiche Heraus­for­de­rungen. Kauft der Heim­werker zum Beispiel ein Bündel Dach­latten, freut er sich, wenn die Verschnü­rung fest ist. Selbst­ver­ständ­lich ist das nicht: Das Holz wird direkt nach dem Zuschnitt in noch feuchtem Zustand umreift, trocknet im Baumarkt­klima schnell aus und verliert dabei an Volumen — da kommt es auf die perfekte Span­nung des Bandes an. „Unsere Umrei­fungs­ma­schinen werden auch häufig in der Nahrungs­mit­tel­in­dus­trie einge­setzt und müssen dann im Kühl­haus Tempe­ra­turen von minus 20 Grad Celsius oder bei der Fisch­ver­ar­bei­tung Salz­wasser aushalten“, erläu­tert Michael Zimmer­mann.

Zimmer­mann ist Verkaufs­leiter D-A-CH bei der Mosca GmbH. Die Firma aus Wald­brunn im Oden­wald ist Tech­no­lo­gie­führer in Umrei­fungs­technik und stellt sowohl die Maschinen als auch die Bänder dafür her. Das größte Volumen machen Umrei­fungs­ma­schinen für die soge­nannte Produk­ti­ons­zwi­schen­si­che­rung im indus­tri­ellen Bereich aus — also Bänder, die der Privat­mensch eigent­lich nie zu Gesicht bekommt. „Well­pappe wird beispiels­weise während ihres Produk­ti­ons­pro­zesses bei bis zu fünf verschie­denen Gele­gen­heiten umreift.“

Gesucht: ein güns­tiger Alles­könner

In der Maschine wurden 18 Antriebe verbaut — aber nur fünf verschie­dene mecha­ni­sche Bauformen.

Auf die neueste Wellpapp­umreifungs­maschine UCB ist Mosca beson­ders stolz. Sie steht stell­ver­tre­tend für den krea­tiven Ansatz, der bei Mosca gefragt ist: Die Maschinen müssen viel können, dürfen aber den gege­benen Preis­rahmen nicht sprengen. Schließ­lich erwarten die Kunden ein opti­males Preis-Leis­tungs-Verhältnis. „Wünsche wie hoch­prä­zises Posi­tio­nieren oder große Rechen­leis­tungen müssen wir auch mit einfa­cheren Kompo­nenten umsetzen können“, erklärt Markus Haas, Leiter Elek­tro­kon­struk­tion Anlagen. Servo­mo­toren oder große Elek­tronik­spei­cher sind für diese Aufgaben viel zu teuer, daher braucht es für Mosca alter­na­tive Konzepte. „Das ist für uns die Würze an der Arbeit, macht uns gleich­zeitig aber natür­lich das Leben schwer.“

Vor allem wenn es um die Bewe­gung der zahl­rei­chen Achsen in den Maschinen geht, stießen die Elek­tro­tech­niker bislang an ihre Grenzen, wie Rainer Ihle berichtet. „Unser Traum war es, vorpa­ra­me­trierte Motoren zu vermeiden“, verrät der Entwickler. „Wenn wir für alle unter­schied­li­chen Aufgaben einen speziell para­me­trierten Motor verwenden, haben wir eine riesige Viel­falt an Antrieben in der Maschine. Bisher war das aber gar nicht anders möglich.“

„Wünsche wie hoch­prä­zises Posi­tio­nieren oder große Rechen­leis­tungen müssen wir auch mit einfa­cheren Kompo­nenten umsetzen können.“

Markus Haas, Leiter Elek­tro­kon­struk­tion Anlagen bei Mosca

Das machte nicht nur die Steue­rung der Antriebe komplex, sondern auch den Service­fall: Sobald der Mosca-Tech­niker vor Ort den defekten Antriebstyp iden­ti­fi­ziert hatte, begann in Wald­brunn die Suche nach dem rich­tigen PC-Tool, dem Schnitt­stel­len­ad­apter, der Para­me­trie­rung und dem aktu­ellsten Stand der Firm­ware. Die Tech­niker im Stamm­werk indi­vi­dua­li­sierten den Ersatz­an­trieb und schickten ihn zum Kunden. Daraufhin stand der zweite Einsatz des Service­technikers an — zum Einbau. „Das bedeu­tete bislang im schlimmsten Fall einen Ausfall der Maschine.“

Eine elek­tri­sie­rende Lösung

Eine Lösung dafür kam in Sicht, als Markus Haas bei einer Präsen­ta­tion des Antriebs­port­fo­lios von ebm-papst den K4-Antriebs­regler kennen­lernt. „Ich war wie elek­tri­siert und habe den Vertriebler gleich gefragt: ‚Wer hat Ihnen eigent­lich verraten, was wir brau­chen?‘ Das war genau die Lösung, nach der wir gesucht hatten.“ Der Regler bringt Dreh­zahl-, Dreh­mo­ment- und Posi­ti­ons­re­ge­lung mit, ist para­me­trierbar und ermög­licht die Kommu­ni­ka­tion via RS-485-Bus-System. Für das Mosca-Team war damit der Traum vom elek­tro­nisch neutralen Einbau zum Greifen nahe.

Aller­dings musste es soft­ware­seitig noch ein paar krea­tive Lösungen finden. Zum Beispiel dafür, dass die Antriebe zusammen mit anderen Kompo­nenten im glei­chen Bus-­System arbeiten. Da die Kommu­ni­ka­tion der unter­schied­li­chen Teil­nehmer nicht iden­tisch ist, bedarf es einer Art Sprach­um­schal­tung für unter­schied­liche „Dialekte“ der Daten­über­tra­gung. Über eine zuge­wie­sene Adresse weiß jeder Antrieb jeder­zeit, ob er oder sein Kollege ange­spro­chen ist und was er zu tun hat.

In einem Pilot­pro­jekt über­wand das Team weitere Hürden, die auf dem Weg zur perfekten Antriebs­lö­sung standen. Mit diesem Wissen im Gepäck machten sie sich an die Umset­zung in der neuen UCB. „Nur mit unserem einge­spielten Entwick­lungs­team reali­sieren wir unsere Lösungen“, betont Haas.

Das Ergebnis verein­facht das gesamte Hand­ling und die Archi­tektur der Maschine: Die Funk­ti­ons­zu­wei­sung der Antriebe kann während der Lauf­zeit erfolgen und durch ihre Einbin­dung in das Mosca-Bus-System ist auch Condi­tion-Moni­to­ring möglich. Zudem ist der Steue­rungs­kasten für die neue UCB nur noch ein Viertel so groß wie bei der Vorgän­ger­ma­schine — bei iden­ti­schen Funk­tionen. Das bringt vielerlei Vorteile zum Beispiel bei der Maschi­nen­zu­gäng­lich­keit.

„In der UCB wurden 18 Antriebe verbaut — aber nur fünf mecha­ni­sche Bauformen. Das ist ideal, denn die kann ein Service­tech­niker gut zu seinem Einsatz mitnehmen.“

Daniel Treu, Elek­tro­tech­niker bei Mosca

Auch der Service­ein­satz verkürzt sich auf wenige Stunden, wie Elek­tro­tech­niker Daniel Treu begeis­tert berichtet: „In der UCB wurden insge­samt 18 Antriebe verbaut — aber nur fünf verschie­dene mecha­ni­sche Bauformen. Das ist natür­lich ideal, denn die kann ein Service­tech­niker gut zu seinem Einsatz mitnehmen.“ In der Maschine wird der Antrieb dann mit dem Einschalten auto­ma­tisch adres­siert und para­me­triert und erhält die passende Firm­ware, also voll­au­to­ma­tisch, ideal an die auszu­füh­rende Funk­tion, indi­vi­dua­li­siert.

Das Mosca-Team freut sich aber nicht alleine über die Lösung, so Michael Zimmer­mann: „Wir haben bereits im April die Stück­zahlen verkauft, die wir fürs ganze Jahr geplant hatten — und die Proto­typen bekommen wir von den Kunden nicht zurück, weil sie so gut funk­tio­nieren.“

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