Der Postmann klingelt und überreicht das Paket. Schwups sind die schwarzen Kunststoffbänder mit der Schere durchtrennt und landen im Müll. Diese Bänder sind so alltäglich, dass sie uns nicht mehr weiter auffallen. Dabei gibt es bei der Umreifung — so der Fachbegriff — von Produkten zahlreiche Herausforderungen. Kauft der Heimwerker zum Beispiel ein Bündel Dachlatten, freut er sich, wenn die Verschnürung fest ist. Selbstverständlich ist das nicht: Das Holz wird direkt nach dem Zuschnitt in noch feuchtem Zustand umreift, trocknet im Baumarktklima schnell aus und verliert dabei an Volumen — da kommt es auf die perfekte Spannung des Bandes an. „Unsere Umreifungsmaschinen werden auch häufig in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt und müssen dann im Kühlhaus Temperaturen von minus 20 Grad Celsius oder bei der Fischverarbeitung Salzwasser aushalten“, erläutert Michael Zimmermann.
Zimmermann ist Verkaufsleiter D-A-CH bei der Mosca GmbH. Die Firma aus Waldbrunn im Odenwald ist Technologieführer in Umreifungstechnik und stellt sowohl die Maschinen als auch die Bänder dafür her. Das größte Volumen machen Umreifungsmaschinen für die sogenannte Produktionszwischensicherung im industriellen Bereich aus — also Bänder, die der Privatmensch eigentlich nie zu Gesicht bekommt. „Wellpappe wird beispielsweise während ihres Produktionsprozesses bei bis zu fünf verschiedenen Gelegenheiten umreift.“
Gesucht: ein günstiger Alleskönner
Auf die neueste Wellpappumreifungsmaschine UCB ist Mosca besonders stolz. Sie steht stellvertretend für den kreativen Ansatz, der bei Mosca gefragt ist: Die Maschinen müssen viel können, dürfen aber den gegebenen Preisrahmen nicht sprengen. Schließlich erwarten die Kunden ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis. „Wünsche wie hochpräzises Positionieren oder große Rechenleistungen müssen wir auch mit einfacheren Komponenten umsetzen können“, erklärt Markus Haas, Leiter Elektrokonstruktion Anlagen. Servomotoren oder große Elektronikspeicher sind für diese Aufgaben viel zu teuer, daher braucht es für Mosca alternative Konzepte. „Das ist für uns die Würze an der Arbeit, macht uns gleichzeitig aber natürlich das Leben schwer.“
Vor allem wenn es um die Bewegung der zahlreichen Achsen in den Maschinen geht, stießen die Elektrotechniker bislang an ihre Grenzen, wie Rainer Ihle berichtet. „Unser Traum war es, vorparametrierte Motoren zu vermeiden“, verrät der Entwickler. „Wenn wir für alle unterschiedlichen Aufgaben einen speziell parametrierten Motor verwenden, haben wir eine riesige Vielfalt an Antrieben in der Maschine. Bisher war das aber gar nicht anders möglich.“
„Wünsche wie hochpräzises Positionieren oder große Rechenleistungen müssen wir auch mit einfacheren Komponenten umsetzen können.“
Markus Haas, Leiter Elektrokonstruktion Anlagen bei Mosca
Das machte nicht nur die Steuerung der Antriebe komplex, sondern auch den Servicefall: Sobald der Mosca-Techniker vor Ort den defekten Antriebstyp identifiziert hatte, begann in Waldbrunn die Suche nach dem richtigen PC-Tool, dem Schnittstellenadapter, der Parametrierung und dem aktuellsten Stand der Firmware. Die Techniker im Stammwerk individualisierten den Ersatzantrieb und schickten ihn zum Kunden. Daraufhin stand der zweite Einsatz des Servicetechnikers an — zum Einbau. „Das bedeutete bislang im schlimmsten Fall einen Ausfall der Maschine.“
Eine elektrisierende Lösung
Eine Lösung dafür kam in Sicht, als Markus Haas bei einer Präsentation des Antriebsportfolios von ebm-papst den K4-Antriebsregler kennenlernt. „Ich war wie elektrisiert und habe den Vertriebler gleich gefragt: ‚Wer hat Ihnen eigentlich verraten, was wir brauchen?‘ Das war genau die Lösung, nach der wir gesucht hatten.“ Der Regler bringt Drehzahl-, Drehmoment- und Positionsregelung mit, ist parametrierbar und ermöglicht die Kommunikation via RS-485-Bus-System. Für das Mosca-Team war damit der Traum vom elektronisch neutralen Einbau zum Greifen nahe.
Allerdings musste es softwareseitig noch ein paar kreative Lösungen finden. Zum Beispiel dafür, dass die Antriebe zusammen mit anderen Komponenten im gleichen Bus-System arbeiten. Da die Kommunikation der unterschiedlichen Teilnehmer nicht identisch ist, bedarf es einer Art Sprachumschaltung für unterschiedliche „Dialekte“ der Datenübertragung. Über eine zugewiesene Adresse weiß jeder Antrieb jederzeit, ob er oder sein Kollege angesprochen ist und was er zu tun hat.
In einem Pilotprojekt überwand das Team weitere Hürden, die auf dem Weg zur perfekten Antriebslösung standen. Mit diesem Wissen im Gepäck machten sie sich an die Umsetzung in der neuen UCB. „Nur mit unserem eingespielten Entwicklungsteam realisieren wir unsere Lösungen“, betont Haas.
Das Ergebnis vereinfacht das gesamte Handling und die Architektur der Maschine: Die Funktionszuweisung der Antriebe kann während der Laufzeit erfolgen und durch ihre Einbindung in das Mosca-Bus-System ist auch Condition-Monitoring möglich. Zudem ist der Steuerungskasten für die neue UCB nur noch ein Viertel so groß wie bei der Vorgängermaschine — bei identischen Funktionen. Das bringt vielerlei Vorteile zum Beispiel bei der Maschinenzugänglichkeit.
„In der UCB wurden 18 Antriebe verbaut — aber nur fünf mechanische Bauformen. Das ist ideal, denn die kann ein Servicetechniker gut zu seinem Einsatz mitnehmen.“
Daniel Treu, Elektrotechniker bei Mosca
Auch der Serviceeinsatz verkürzt sich auf wenige Stunden, wie Elektrotechniker Daniel Treu begeistert berichtet: „In der UCB wurden insgesamt 18 Antriebe verbaut — aber nur fünf verschiedene mechanische Bauformen. Das ist natürlich ideal, denn die kann ein Servicetechniker gut zu seinem Einsatz mitnehmen.“ In der Maschine wird der Antrieb dann mit dem Einschalten automatisch adressiert und parametriert und erhält die passende Firmware, also vollautomatisch, ideal an die auszuführende Funktion, individualisiert.
Das Mosca-Team freut sich aber nicht alleine über die Lösung, so Michael Zimmermann: „Wir haben bereits im April die Stückzahlen verkauft, die wir fürs ganze Jahr geplant hatten — und die Prototypen bekommen wir von den Kunden nicht zurück, weil sie so gut funktionieren.“
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