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Mobile Roboter, aber sicher

Die indus­tri­elle Intra­lo­gistik ist einer der Bereiche, in denen sich der Fach­kräf­te­mangel bedingt durch den demo­gra­fi­schen Wandel zuneh­mend nieder­schlägt. Mitar­beiter zu finden, die gerade in Nacht­schichten regel­mäßig den Mate­ri­al­trans­port über­nehmen, gestaltet sich oft als schwierig. Fahrer­lose Trans­port­fahr­zeuge (FTF) können nicht nur zum Problem­löser werden, sondern auch die Effi­zienz von Trans­port- und letzt­end­lich den Ferti­gungs­pro­zessen stei­gern.


Dazu müssen sie aller­dings einiges leisten: Sie sollten intel­li­gent sein, robust und wendig, hohe Trag­lasten trans­por­tieren können und natür­lich muss die Sicher­heit für alle Betei­ligten im Umfeld gewähr­leistet sein. Das fordert auch der Antriebs­technik solcher FTFs einiges ab.

Um die Lücke zu schließen zwischen dem auto­ma­ti­sierten Lager und der auto­ma­ti­sierten Produk­tion, hat Maga­zino den mobilen Logistik Roboter SOTO entwi­ckelt (Bild 1). Er über­nimmt das intel­li­gente Hand­ling und den Trans­port von KLTs (Klein­la­dungs­trä­gern) in einer Lager- und Produk­ti­ons­um­ge­bung. Das Beson­dere dabei ist, dass der Roboter KLTs von passiven Regalen (also Regale ohne Förder­ele­mente) entnimmt und das bereits ab einer Förder­höhe von 400 mm (Bild 2).

Insge­samt trans­por­tiert er bis zu 24 KLTs (300 x 200 / 400 x 300 / 600 x 400 mm) bei einer maxi­malen Nutz­last zwischen 200 und 249 kg. Mit einer Trans­port­höhe von 2160 mm und einem virtu­ellen Fußab­druck von 2500 x 1310 mm passt der Roboter durch 1650 mm breite Gänge. Er findet seine Einsatz­felder allein oder als Flotte sowohl in Brown­field- als auch in Green­field­an­wen­dungen. SOTO bringt Mate­ria­lien just-in-time direkt an die Monta­ge­linie. Dank inte­grierter „Intel­li­genz“ erle­digt er auch komplexe Trans­port­auf­gaben eigen­ständig und reagiert flexibel auf Verän­de­rungen in der Umge­bung oder auf wech­selnden Bedarf. Er kann Routen­züge voll­ständig ersetzen oder auch sinn­voll mit ihnen koope­rieren. Typi­sche Einsatz­be­reiche findet SOTO unter anderem in der Auto­mobil- und Elek­tronik­fer­ti­gung oder rund um Spritz­guss­an­lagen.

200-249 kg

Nutz­last

24

KLTs

2160 mm

Trans­port­höhe

Bei der Entwick­lung der mobilen Roboter haben sich die Experten viel Zeit genommen, mögliche Antriebs­ein­heiten auszu­wählen, ausgiebig zu testen und mitein­ander zu verglei­chen. In der nun verfüg­baren zweiten Roboter-Version setzen sie voll auf den Fahr-Lenk-Antrieb ArgoDrive von ebm-papst, weil dieser die viel­fäl­tigen Anfor­de­rungen der Anwen­dung am besten erfüllen konnte (Bild 3).

ArgoDrive: Das Fahr-Lenk-System für AGVs

Flexi­bler und robuster Antrieb

In der Lager­lo­gistik, aber auch in der Produk­tion gilt: Platz ist Geld. Für auto­nome Roboter bedeutet das, dass sie auf engem Raum flexibel navi­gieren müssen. Daher waren Antriebs­ein­heiten gefragt die ein omni­di­rek­tio­nales Bewe­gungen des Robo­ters möglich machen (Bild 4). Bei ArgoDrive besteht jede Antriebs­ein­heit aus zwei bürs­ten­losen DC-Motoren, Getriebe, sicher­heits­taug­liche Sensorik und allen erfor­der­li­chen Anschluss-Steckern. Die zwei Motoren tragen durch ein Über­la­ge­rungs­ge­triebe je nach Anfor­de­rung zum Lenken, Fahren, Beschleu­nigen oder Bremsen bei. So entsteht ein unend­li­cher Lenk­winkel, der eine Flächen­be­weg­lich­keit des Fahr­zeugs selbst aus dem Stand ermög­licht. Damit kann der mobile Roboter sicher in engen Räumen navi­gieren und Aufnahme- und Abga­be­po­si­tionen hoch­genau anfahren oder für die Fein­po­si­tio­nie­rung (z.B. beim Einfahren in die Lade­sta­tion) einfach auf der Stelle nach­jus­tieren. Zudem sorgt das Fahr-Lenk-System dafür, dass Platz optimal genutzt wird und der Roboter Personen oder anderen Fahr­zeugen auf engstem Raum flexibel auswei­chen kann.

Bild 2a,b: SOTO kann KLTs von passiven Regalen entnehmen …

… und just-in-time zur Monta­ge­linie trans­por­tieren. (Bilder | Maga­zino)

Robust­heit war eine weitere zentrale Forde­rung, denn Kompo­nenten, die in einer Umge­bung verbaut sind, die sich bewegt, sind zwangs­läufig auch immer Vibra­tionen und anderen Kräften ausge­setzt. Deshalb sind alle notwen­digen Anschluss­kabel der einge­setzten Antriebs­ein­heit fest verlegt. So wird über die gesamte Dauer des Einsatzes dafür gesorgt, dass es nicht zu ärger­li­chen Problemen mit Kontakt­stellen kommt. Aktuell ist Kontakt­schwäche der Ausfall­grund Nummer 1 bei fahrer­losen Trans­port­fahr­zeugen.  

Kompakte Bauform

Bild 3: Fahr-Lenk-System ArgoDrive von ebm-papst für den Einsatz in fahrer­losen Trans­port­sys­temen. In den Ausfüh­rungen Light, Stan­dard und Heavy kann es Lasten bis 100 kg, 300 kg, bzw. 500 kg pro Antriebs­ein­heit bewegen. (Bild | ebm-papst)

Magnus Eldevik, Product Marke­ting Manager bei Maga­zino, freut sich aber ganz beson­ders über die kompakte Bauform des Antriebs: „Insbe­son­dere, weil ArgoDrive so flach baut, konnten wir eine nied­rige Greif­höhe von 400 mm reali­sieren. Das bedeutet, dass teurer Lager­platz möglichst effi­zient genutzt werden kann. Gleich­zeitig bedeuten kompakte Abmaße des Antriebs aber auch mehr Platz für Greifer oder eben die Nutz­last. Und je höher die Nutz­last, desto effi­zi­enter ist letzten Endes der mobile Roboter.“ Das Fahr-Lenk-System wird in den Vari­anten Light (bis 100 kg Trag­last), Stan­dard (bis 300 kg) und Heavy (bis 500 kg) ange­boten. Die Abmaße des Antriebs­ge­häuses liegen bei allen Vari­anten bei 250 x 170 mm (Länge mal Breite), die Höhe je nach Vari­ante zwischen 103 und 205 mm. 

Gefahr­lose Zusam­men­ar­beit

Wo mobile Roboter sich den Platz mit Menschen und anderen Fahr­zeugen teilen, spielt Sicher­heit eine entschei­dende Rolle. Hinder­nisse gilt es zuver­lässig zu erkennen. Bei Schutz­feld­ver­let­zungen muss einer­seits eine entspre­chend hohe Brems­leis­tung zur Verfü­gung stehen. Ande­rer­seits muss sicher­ge­stellt sein, dass der Befehl der Sicher­heits­steue­rung zum Stopp zuver­lässig ausge­führt wird. Hier schätzen die Entwickler des mobilen Robo­ters, dass bei ArgoDrive stan­dard­mäßig verschie­dene Safety-Funk­tionen für einen sicheren Betrieb fahrer­loser Trans­port­fahr­zeuge unter­stützt werden (siehe Tech­nik­kasten). Alle für Sicher­heits­zer­ti­fi­zie­rungen rele­vanten Sicher­heits­kenn­zahlen wie MTTFd-Werte sowie B-10 Werte stehen zur Verfü­gung, um die Anfor­de­rungen der FTS-Normen ISO 13849 und ISO 3691-4 zu bedienen.

Weil ArgoDrive so flach baut, konnten wir eine nied­rige Greif­höhe von 400 mm reali­sieren. Das bedeutet, dass teurer Lager­platz möglichst effi­zient genutzt werden kann.

Magnus Eldevik, Product Marke­ting Manager bei Maga­zino

Einfache Inte­gra­tion

Der Logistik-Roboter SOTO zeigt, dass die Inte­gra­tion in verschie­denste Steue­rungs­sys­teme mit wenig Aufwand zu bewerk­stel­ligen ist. Hierfür sorgen stan­dar­di­sierte Kommu­ni­ka­tions- und Safety-Schnitt­stellen wie CANopen, EtherCAT oder Profinet. Die Entwickler von Maga­zino setzten bei der Sicher­heits­steue­rung auf eine Lösung der Fa. SICK und für die Fahr­zeug­steue­rung auf einen Indus­trie-PC. Dieser steuert unter anderem die Argo­Drives über die Antriebs­regler von ebm-papst an. Eldevik berichtet: „An dieser Stelle haben wir sehr vom guten Support der Fa. ebm-papst profi­tiert. Wir waren als Beta-Tester der Antriebe in regel­mä­ßigem Austausch mit dem Hersteller. Von dieser engen und ange­nehmen Zusam­men­ar­beit haben beide Seiten sehr profi­tiert.“ 

Bild 4a,b: Damit die auto­nomen Roboter auf engem Raum flexibel navi­gieren können, …

… war ein omni­di­rek­tio­nales Fahr-Lenk-System gefragt. (Bilder | ebm-papst­/­Ma­ga­zino)

Antriebe für Hubbe­we­gung und Greifer

Ein weiterer Vorteil, der den Antrieb für die Anwen­dung empfahl, war sein hoher Wirkungs­grad, der ein 5:1 Verhältnis bei Betriebs- zu Lade­zeit (also 8 Stunden Betrieb bei ca. 1,5 Stunden Laden) ermög­licht. Ebenso die Green-break-Funk­tion, die durch eine Ener­gie­ab­sen­kung beim gelüf­teten Zustand der Bremse den Ener­gie­be­darf im Vergleich zu anderen Brems-Ansteue­rungs­kon­zepten erheb­lich senkt. Eldevik ergänzt: „Und dann war für uns natür­lich nütz­lich, dass ebm-papst über ein großes Antriebs­port­folio verfügt, aus dem wir uns zum Beispiel auch bei ECI-Motoren für die Aufnahme der KLTs, also für Kipp-Bewe­gungen im Ruck­sack­regal, bedienen können. Im gesamten mobilen Roboter mit verschie­denen Antrieben desselben Herstel­lers arbeiten zu können, erleich­tert uns natür­lich die Schnitt­stel­len­the­matik deut­lich.” Maga­zino ist mit der Qualität der einge­setzten Antriebe ebenso zufrieden wie mit der ange­nehmen Zusam­men­ar­beit und kann sich auch in Zukunft weitere gemein­same Projekte gut vorstellen.

Kolli­si­ons­ri­siken ausschließen

Die Sicher­heit ist beim Betrieb mobiler Roboter bezie­hungs­weise fahrer­loser Trans­port­sys­teme ein zentrales Thema. Wenn sich die Arbeits­um­ge­bung des Perso­nals mit den Verkehrs­wegen der FTF über­schneiden, müssen Kolli­si­ons­ri­siken ausge­schlossen werden. ArgoDrive bietet dafür mehrere Möglich­keiten. Bei einer Schutz­feld­ver­let­zung beispiels­weise muss das Antriebs­system den Befehl eines sicheren Stopps der Sicher­heits­steue­rung zuver­lässig ausführen. Für die Antriebe muss vor allem eine hohe Brems­leis­tung zur Verfü­gung stehen. Der ArgoDrive erreicht hier unter Nutzung der elek­tro­mo­to­ri­schen Bremsen eine Verzö­ge­rung von bis zu 2,5 m/s2, ebenso ist durch Nutzung der zusätz­lich inte­grierten mecha­ni­schen Bremse eine Notbrem­sung möglich. Auch beim Versagen der Strom­ver­sor­gung des FTF geht die Antriebs­ein­heit in einen sicheren Halt, um unkon­trol­lierte Bewe­gungen zu vermeiden. Damit unter­stützt der Antrieb alle typi­schen und notwen­digen Safety-Anfor­de­rungen im Umfeld von Lägern und Produk­tionen.

Das einzelne Fahr-Lenk-System wird hierzu über zwei externe Regler ange­steuert. Auch die Signale für den Lenk­winkel sind redun­dant ausge­legt und die Posi­tion ist jeder­zeit abfragbar. Die in den Reglern inte­grierte STO-Funk­tion (Safe Torque Off) sorgt für einen sicheren Halt (PLe). STO und, falls notwendig, das Auslösen der Notstop-Funk­tion der mecha­ni­schen Bremse lassen sich gemeinsam auslösen. Außerdem über­wacht der Antrieb, dass eine defi­nierte Maxi­mal­ge­schwin­dig­keit nicht über­schritten wird (SLS, Safe Limited Speed) und das Fahr­zeug sich nur in die frei­ge­ge­bene Rich­tung bewegt (SDI, Safe Direc­tion). Dafür haben beide im ArgoDrive inte­grierten Motoren stan­dard­mäßig zwei unab­hän­gige Feed­back-Systeme: die inte­grierten Hall­sen­soren zur Kommu­tie­rung und der hoch­auf­lö­senden Inkre­mental-Encoder zur Rege­lung. Durch den Abgleich beider Signale kann die Elek­tronik die Dreh­zahl der Motoren funk­tional sicher erfassen.

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