Wer früher im Winter großflächig Streugut ausbringen wollte, hatte zwei Möglichkeiten: hydraulisch oder mechanisch angetriebene Streumaschinen. Die dazugehörigen Trägerfahrzeuge mit Hydraulikantrieb oder Gelenkwelle sind oft wartungsintensiv und auch verhältnismäßig teuer – zu teuer für viele Kommunen oder Betriebe. Demzufolge musste vielerorts per Hand gestreut werden – mit unbefriedigenden Folgen: großer Materialverbrauch, ungleiche Verteilung und nicht zuletzt eine hohe Belastung des Personals. Der Ruf nach einer kostengünstigen Alternative wurde laut.
Neue Nische

Der „MiniVario“ verstreut Dünger oder Schneckenkorn auch auf der schmalen Fläche zwischen Weinreben
Die Lösung kam von LEHNER Agrar. Vor über zehn Jahren begann das Familienunternehmen damit, aufsetzbare Streumaschinen für so gut wie alle Fahrzeugtypen zu entwickeln, vom kleinen Quad über den herkömmlichen Pkw bis hin zum ausgewachsenen Feuerwehrwagen. Dabei hatte sich der Betrieb am Rande der Ostalb in Baden-Württemberg eigentlich auf den Handel von Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel spezialisiert. Der Schwenk zum Tüfteln und Knobeln lässt sich aber ganz schwäbisch-pragmatisch begründen: Das Kerngeschäft von LEHNER Agrar unterliegt starken saisonalen Schwankungen, im Winter führte das regelmäßig zu einer geringen Arbeitsauslastung. Als die Geschäftsführung eher zufällig auf das Potenzial von handlichen Streumaschinen aufmerksam wurde, beschloss sie, Pionierarbeit auf diesem Gebiet zu leisten. Das Unternehmen schlug so zwei Fliegen mit einer Klappe: Vollzeitbeschäftigung für die Belegschaft und Erschließung eines neuen, lukrativen Geschäftsfelds.
Auch der technische Ansatz ist pragmatisch. Die Streumaschine „POLARO“ nutzt einfach eine bereits im Fahrzeug vorhandene Energiequelle: elektrischen Strom. Sie holt sich ihre Kraft komplett per Bordspannungssteckdose aus der Lichtmaschine. So treibt sie einen Elektromotor an, der die Energie auf einen Drehteller überträgt. Dessen Drehgeschwindigkeit bestimmt die Flugweite des Streuguts. Der Anwender kann diesen Prozess stufenlos regulieren, um so schmale Gehwege genauso wie großflächige Parkplätze wirkungsvoll zu streuen.
Ausfallquote: null
Was in der Theorie ganz simpel klingt, brachte in der Entwicklung kleine Tücken mit sich. Der Elektromotor muss schließlich mit bis zu 3.000 Umdrehungen einiges leisten, darf dabei aber den Kreislauf des Trägerfahrzeugs nicht mit zu großen Strömen belasten. Eine 12-Volt-Autobatterie käme sonst schnell an ihre Grenzen.
Als es an die Auslegung eines entsprechenden Motors für die Streumaschine ging, holten sich die LEHNER Entwickler daher Unterstützung von ebm-papst in St. Georgen. „Da das Gerät unter relativ widrigen Umweltbedingungen laufen muss, entschieden wir uns für einen robusten BCI-Motor“, erläutert Thomas Schrag, Branchenmanager für Antriebstechnik bei ebm-papst St. Georgen. „Der bringt auch die notwendige Energieeffizienz mit, um den Stromkreis nicht zu überlasten.“ Trotzdem nahmen die St. Georgener gemeinsam mit den Partnern die Anwendung noch einmal genau unter die Lupe, um den Wirkungsgrad in den relevanten Leistungsregionen weiter zu optimieren. Der BCI-Motor überzeugte die Entwickler mit seiner guten Regelbarkeit und hoher Lebensdauer bei minimalem Wartungsaufwand. „Bisher haben wir keine einzige Reklamation vorliegen“, bestätigt Schrag.
Bei diesen überzeugenden Argumenten ist es nur konsequent, dass sich der „POLARO“ zum absoluten Verkaufsschlager für LEHNER Agrar entwickelte: Fanden im ersten Jahr noch 100 Stück einen Abnehmer, waren es ein Jahr später schon 1.000. Da blieb es nicht lange bei einem Modell: Weitere spezialisierte Streumaschinen folgten, etwa zur Bekämpfung von Schädlingen in der Landwirtschaft oder für Feuerwehrfahrzeuge. Der Export von Streutechnik macht mittlerweile 40 Prozent des Geschäfts aus. Tendenz: steigend.
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