© ebm-papst / KD Busch

„Wir dürfen nicht auf Kosten unserer Kinder leben“

Horst Köhler, Bundes­prä­si­dent a. D., über sein Enga­ge­ment für den Klima­schutz, die größten Heraus­for­de­rungen und posi­tive Beispiele.


Was bedeutet nach­hal­tiges Wachstum für Sie?

Ganz kurz: Dass unsere Kinder und Enkel­kinder dieselben Frei­heits­grade haben werden wie wir. Deshalb dürfen wir nicht auf ihre Kosten leben. Das betrifft die Staats­haus­halte genauso wie die Emis­sion von klima­schäd­li­chen Treib­haus­gasen.

Warum bewegt Sie das Thema Nach­hal­tig­keit persön­lich so sehr?

Weil ich selbst Enkel­kinder habe und möchte, dass sie in einer Welt aufwachsen, die ihnen Chancen und Frei­heit bietet. Und weil ich weiß, dass das nur möglich ist, wenn auch die Enkel­kinder einer Bäuerin in Malawi diese Chancen haben. An der Frage der Nach­hal­tig­keit entscheidet sich die Zukunfts­fä­hig­keit unserer Gesell­schaft, aber auch des gesamten Planeten.

Sie wurden vor einiger Zeit von Ban Ki-moon gebeten, Ihr Know-how in einer UN-Arbeits­gruppe einzu­bringen. Was war dort Ihre Aufgabe?

Ich habe zusammen mit 26 anderen Persön­lich­keiten aus der ganzen Welt im „High-level Panel on the Post-2015 Deve­lo­p­ment Agenda“ an der Frage gear­beitet, welche Ziele sich die Welt­ge­mein­schaft bis ins Jahr 2030 setzen soll. Im Mittel­punkt standen die beiden riesigen Heraus­for­de­rungen, einer­seits die extreme Armut zu beenden und ande­rer­seits die natür­li­chen Lebens­grund­lagen des Planeten zu erhalten. Wir waren uns einig, dass das tief grei­fende Verän­de­rungen in der Wirt­schafts­weise der Unter­nehmen und dem Konsum­ver­halten der Menschen voraus­setzt. Die Indus­trie­länder müssen hier mit tech­ni­scher Inno­va­tion und poli­ti­schem Ehrgeiz voran­gehen.

„Unsere Wirt­schaft ist viel zu abhängig von billigen fossilen Ener­gien.“

Wo sehen Sie die größten Heraus­for­de­rungen auf dem Weg zu nach­hal­tigem Wachstum?

Unsere Wirt­schaft ist viel zu abhängig von billigen fossilen Ener­gien. Wenn wir uns aus dieser Abhän­gig­keit nicht lösen, dann wird eine massive Erder­wär­mung mit gefähr­li­chen Folgen für die ganze Mensch­heit nicht abzu­wenden sein. Und ich mache mir aktuell durchaus Sorgen, ob das plötz­lich wieder billige Öl uns nicht in unseren Anstren­gungen zurück­wirft. Deshalb glaube ich: Die Zeit ist reif für eine welt­weite Steuer auf Treib­haus­gase.

Gibt es auch schon Fort­schritte auf diesem Gebiet?

Das Bewusst­sein der Menschen für die globalen Zusam­men­hänge ist gestiegen, da hilft sicher­lich auch das Internet. Und immer mehr Unter­nehmen erkennen, dass Fragen der Nach­hal­tig­keit kein „Nice-to-have“ sind, sondern im Kern des Eigen­in­ter­esses der Firma liegen. Natür­lich ist es ein stei­niger Weg von der Erkenntnis in die Praxis, doch Mut machende Beispiele gibt es zuhauf – man schaue nur auf die Inno­va­tionen von ebm-papst.

Gibt es Dinge, die jeder Einzelne tun kann?

Unser gesamter Alltag ist durch­zogen von Entschei­dungen, die einen Einfluss auf die globale Entwick­lung haben: Auto oder Bahn? Fleisch oder Gemüse? Glüh­birne oder LED? Jeder kann seinen Sinn dafür schärfen, wie unser Konsum­ver­halten zu einer Welt beiträgt, die ein Leben in Würde für alle ermög­licht und in der es auch unserem Planeten gut geht.

 

 

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